Die Schweizer Regisseurin Ursula Meier überzeugt bei der diesjährigen Berlinale mit ihrem Sozialdrama »L’enfant d’en haut«, in dem sie eine unbekannte Welt abseits der weiß glänzenden Skipisten Frankreichs zeigt.
Der zwölfjährige Simon (Kacey Mottet Klein) fährt jeden Tag mit der Seilbahn in die Schweizer Berge. Dort beklaut er Touristen. Sonnenbrillen, Helme, Handschuhe, Ski – alles was nicht niet- und nagelfest ist, nimmt Simon mit. Er ist ein wahrer Experte, was die Kunst des Diebstahls und den Wert der Ware betrifft. Sein Diebesgut vertickt er meistbietend im Tal.
Dort wohnt Simon mit seiner großen »Schwester« (Léa Seydoux), um die er sich kümmern muss. Das Fürsorgeprinzip wird hier auf den Kopf gestellt. Er kauft für sie ein, schleppt sie betrunken nach Hause und versorgt sie mit dem nötigsten. Nicht die Lust am Diebstahl, sondern die (emotionale) Armut macht Simon zum frech-dreisten Kleinganoven. Der erst dreizehnjährige Kacey Mottet Klein, dem Meiers Kamera permanent auf den Fersen ist, ist in der Rolle dieses kindlichen Diebes eine Entdeckung dieses Festivals.
Ursula Meiers 2008 gedrehter Spielfilm Home war zwei Jahre später für einen Oscar nominiert, mit L’enfant d’en haut (dt. Winterdieb) ist sie erstmals zur Berlinale eingeladen. Wenn sie einen Bären mitnimmt, wäre das nicht verwunderlich, denn ihr Film erzählt eine außergewöhnliche Geschichte mit metaphorischem Tiefgang.
Ursula Meier blickt in L’enfant d’en haut im sozialrealistischen Stil der Dardenne-Brüder hinter die Kulissen der romantischen Skigebiete und zeigt eine Welt, die hinter dem weißen Vorhang aus Skipisten und Après-Ski-Betrunkenheit verborgen sind. Die man auch nicht sieht, wenn man nicht genau hinschaut. Eine Welt, die sich in sämtlichen Bezügen in Oben und Unten, in hell und dunkel teilt. Ein Panorama im Zentrum des Films zeigt, wie über den Skihängen die Sonne scheint, während das Tal im Schatten der industriellen Abgase liegt. Während die Schönen und Reichen oben in den Bergen ihrem Vergnügen nachgehen, rackern unten im Tal all jene, die sich das nicht leisten können.
Deren Welten verbinden nur die geografischen Koordinaten. Ursula Meier überträgt diese horizontale Geografie in die Vertikale, bringt sie in die Sequenz ihrer Bilder und in die Geschichte von Simon. So ermöglicht sie einen neuen Blick auf die trügerische Schönheit der Alpen und auf die Menschen, die an ihren Füßen leben.
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