Comic

Große Bühne für die Neunte Kunst beim 15. ilb

Der Sonntag beim Internationalen Literaturfestival in Berlin ist in bewährter Tradition der Neunten Kunst gewidmet. Der sogenannte Graphic Novel Day findet bereits zum fünften Mal statt und ist in diesem Jahr noch hochkarätiger besetzt als in den Vorjahren.

So sind unter anderem die französischen Comicgenies Joann Sfar und Riad Sattouf zu Gast, die über ihr Leben in den gezeichneten Welten sprechen werden. Sattouf ist das erste Mal seit dem Triumph in Angoulême mit Der Araber von morgen in Deutschland, der zweite Teil seiner gefeierten Kindheitserinnerungen ist im Juni in Frankreich erschienen. Der Comiczeichner und Karikaturist wird aber nicht nur über seinen jüngsten Coup sprechen, sondern auch über die grenzenlose Freiheit der Kunst und seine Jahre bei Charlie Hebdo.

Sfar kommt nach Deutschland, nachdem im Frühjahr mit Der Ewige sein erster Roman erschienen ist und gerade sein kongeniales Projekt Donjon abgeschlossen wurde. In Frankreich ist gerade der nachgereichte sechste Band von Die Katze des Rabbiners erschienen und in den Kinos läuft seine Adaption des Thrillers Die Dame im Auto mit Sonnenbrille und Gewehr von Sébastien Japrisot. Der lustige Tausendsassa wird über sein Dasein zwischen Film, Literatur und Neunter Kunst sprechen.

Etwas Besonderes wird Comicfans bei der Vorstellung des Projekts imagined realities geboten, bei dem nigerianische Comickünstler sowie die deutsche Zeichnerin Birgit Weyhe zeitgenössische Fragen zum Leben in Nigeria behandeln. Weyhes Comic Madgermanes, der im kommenden Jahr erscheint, ist im vergangenen Herbst mit dem Comicbuchpreis der Berthold Leidinger Stiftung ausgezeichnet worden (siehe Titelbild).

Außerdem wird der Belgier Michel Kichka seinen historischen Comic Zweite Generation vorstellen, in dem er die Geschichte seines jüdischen Vaters und seinen Umgang damit kunstvoll und im leichten Strich aufarbeitet. Die russische Künstlerin Wiktoria Lomasko wird über ihre Arbeit Verbotene Kunst sprechen, in der sie eine Moskauer Ausstellung beleuchtet, die 2006 für Furore sorgte, weil die Ausstellungsstücke nur hinter Vorhängen betrachtet werden durften.

Bereits am Samstag wird im Institut Français die Ausstellung »Graphic Novels aus Europa« mit einer stark besetzten Podiumsdiskussion zum Thema Comics at the Crossroads – Wechselwirkungen zwischen Comics und anderen Kunstformen eröffnet.

Einige Comic-Highlights verbergen sich im lohnenswerten Kinder- und Jugendprogramm des ilb. So stellt etwa der Franzose Loïc Dauvillier erstmals seinen Holocaust-Kindercomic Das verborgene Kind sowie seine Comicadaption von Yasmina Rezas Roman Das Attentat in Berlin vor. Der Mexikaner Javier Martinez Pedro präsentiert mit Migrar – Weggehen ein außergewöhnliches Leporello vor, in dem er die Auswanderung aus Mexiko in die USA aus Kinderperspektive beschreibt. Und der Berliner Zeichner Mawil wird mit Kindern und Jugendlichen über Kinderland sprechen, sein preisgekrönter Comic, in dem er (s)eine Kindheit Revue passieren lässt.

Einen anderen Comiczeichner findet man diesmal übrigens wo ganz anders wieder. Tim Dinter hat den von der Autoren-Nationalmannschaft zusammengestellten Fussball-Band Man muss ein Spiel auch lesen können illustriert.

Das ilb veröffentlichte im vergangenen Jahr ein Comic-Manifest, in dem gefordert wurde, dass »der Comic die selbe Anerkennung erfährt wie die Literatur und bildende Kunst und entsprechend gefördert wird«.Folge des manifests war die Gründung des Deutschen Comicvereins, mit der langfristigen Absicht der Gründung eines Comicinstitutes. Das ilb gibt der Neunten Kunst nicht nur eine große Bühne, sondern setzt sich auch dafür ein, dass die Kulturpolitik versteh, dass Comics Kunst sind.