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Comicpreise in Angoulême: Deutsche Verlage dürfen hoffen

Die Nominierungen für Europas wichtigsten Comicpreis sind raus. Unter den Ausgewählten, die sich am 31. Januar Hoffnungen auf eine der Trophäen beim Comicfestival im französischen Angoulême machen können, sind zahlreiche Künstler, die in Deutschland verlegt werden. Der Berliner Zeichner Jakob Hinrichs ist der einzige Deutsche unter den nominierten Comickünstlern.

Insgesamt vierzig Comics umfasst die offizielle Auswahl des 43. Comicfestivals in Angoulême. Darunter sind auch zahlreiche Titel, die bereits den deutschen Comicmarkt erobert haben beziehungsweise kurz davor stehen, dies zu tun.

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Beginnen wir mit der Zukunftsmusik. Wenn der zweite Teil von Riad Sattoufs Kindheitserinnerungen Der Araber von Morgen, der die Jahre 1984 und 1985 in den Blick nimmt, im Frühjahr in der Übersetzung von Andreas Platthaus im Knaus-Verlag erscheint, wird bereits feststehen, ob der Franzose mit syrischen Wurzeln den Erfolg aus dem Vorjahr wiederholen kann oder nicht. Zumindest ist Sattouf einer der Favoriten, im Gegensatz zu Newcomer Matthias Lehmann, dessen spannender Coming-of-Age-Comic Die Favoritin, in dem es um einen Jungen in Mädchenkleidern geht, im April 2016 bei Carlsen erscheint (Angaben zur Übersetzung fehlen). Gleich drei nominierte Titel werden 2016 bei Reprodukt erscheinen. Olivier Schrauwens surrealistisches Album über seinen Großvater Arsène Schrauwen, Adrian Tomines grandiose Kurzgeschichten, die in den USA unter dem Titel Killing and Dying erschienen sind, sowie die Übersetzung des neuen Comics von David Prudhomme und Pascale Rabaté Vive la marée!.

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Bereits erschienen ist das sehr persönliche Werk Katharsis des ehemaligen Charlie Hebdo-Redaktionsmitglieds Luz alias Renald Luzier, das im Oktober in der Übersetzung von Uli Aumüller beim Fischerverlag herauskam. Darin hat er die Folgen des Attentats in seinem Alltag verarbeitet. Jakob Hinrichs Adaption von Hans Falladas Der Trinker ist im Oktober im gerade eingestellten Metrolit-Verlag erschienen. Hinrichs ist der einzige deutsche Zeichner, der sich für eine Auszeichnung in Angoulême Hoffnungen machen kann.

Im Sommer ist Roz Chasts in den USA gefeierter Comic Können wir nicht über was anderes reden? über das Altwerden ihrer Eltern im Rowohlt-Verlag erschienen, übersetzt von Marcus Gärtner. Gamon Sakurais Auftakt seiner Mangaserie Ajin – Demi-Human ist ebenfalls im Sommer in der Übersetzung von Claudia Peter bei Egmont erschienen. Simon Hanselmanns zweiter Band seiner skurrilen Hexe Total-Erzählungen, die Avant-Verleger Johann Ulrich selbst übersetzt, kam im Mai heraus.

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Aus dem letztjährigen Frühjahrsprogramm ist Richard McGuires hochgelobter Bilderbogen Hier (bei Dumont), die wenigen Texte darin hat Stephan Kleiner übersetzt. Auch Meta-Morphose, der erste Band der Superheldenserie Ms. Marvel von G. Willow Wilson und Adrian Alphonas ist im Frühjahr bei Panini erschienen. Die Serie um Kamala Khan, die Tochter pakistanischer Einwanderer, wird fortlaufend ebenfalls bei Panini publiziert (Angaben zur Übersetzung fehlen). Der Auftaktband Outcast. Im Reich der Finsternis von Robert Kirkman und Paul Azaceta ist im Frühjahr 2015 bei Cross Cult in der Übersetzung von Marc Oliver Frisch erschienen. Von Frisch wird auch Brian Vaughans und Fiona Staples’ im gleichen Verlag publizierte Erfolgsserie Saga übersetzt, von der der vierte Sammelband nominiert wurde.

Darüber hinaus sind zahlreiche Zeichner in der Auswahl, von denen andere Werke in Deutschland vorliegen: Étienne Davodeau (Egmont, Splitter), Minetaro Mochizuki (Panini), Richard Corben (Splitter), Inio Asano (Tokyopop), Anders Nilsen (Atrium, Avant), Zaina Abirached (Avant), Marine Blandin (Carlsen), Nicolas de Crécy (Reprodukt) und Killoffer (Reprodukt)

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In der Rubrik »Kulturgut« wurde die französische Ausgabe eines deutschen Klassikers nominiert. Erst im Februar erschienen prachtvolle Sammelausgaben der Vater und Sohn-Comics von E. O. Plauen alias Erich Ohser bei Reclam, Anaconda und im Südverlag. Aber auch andere Klassiker können hierzulande entdeckt werden. Etwa Jacques Lob, dessen erste Geschichten von einem Mann im Kinderwagen erzählen und nominiert wurden. Die Snowpiercer-Erzählungen des in Berlin zeichnenden Franzosen erscheinen bei Jacoby & Stuart, der mit Philippe Druillet gemeinsam verfasste zweite Band Delirius der SciFi-Serie Lone Sloane ist gerade bei Avant erschienen. Gleich drei Autoren hat der Carlsen-Verlag in dieser Kategorie im Rennen. Zum einen den im vergangenen Jahr verstorbenen Yoshihiro Tatsumi, dann Tim & Struppi-Autor Hergé sowie Claude Auclair, dessen nominierte Serie Simon, Zeuge der Zukunft Ende der achtziger herausgegeben wurde und inzwischen vergriffen ist. Crockett Johnsons Barnaby-Geschichten sind vor Jahren im Carl Hanser Verlag erschienen.

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Auch bei den Krimicomics, typischerweise eine Domäne französischer Autoren, sind Titel mit deutscher Verlagsbeteiligung nominiert. Olympia, der Folgeband von Die große Odaliske des Trios Jérôme Mulot, Florent Ruppert und Bastien Vivès, erscheint im kommenden Frühjahr bei Reprodukt. Billy Bat-Autor Takashi Nagasaki (Carlsen) ist mit dem ersten Band seiner neuen Serie Inspecteur Kurokôchi nominiert und Thor-Autor Jason Aaron (bei Panini) mit dem Auftakt seiner Southern Bastards.

Das Comicfestival in Angoulême findet vom 28. bis 31. Januar 2016 statt, Präsident der diesjährigen Jury ist nicht der Vorjahressieger des Großen Preises von Angoulême, Akira-Autor Katsuhiro Otomo (Carlsen). Otomo wird als Ehrengast das Festival besuchen, die Jury des 43. Comicfestivals wird von Abel Lanzac alias Antonin Baudry geführt. Lanzac verfasste mit Christophe Blain den Diplomatencomic Quai d’Orsay, der 2013 mit dem Preis für das Beste Album ausgezeichnet wurde. Die Übersetzung durch Ulrich Pröfrock erschien 2012 (Reprodukt), Pröfrock wurde für seine Übertragung des Comics in diesem Jahr mit dem Wieland-Preis für die beste Comic-Übersetzung ausgezeichnet.

4 Kommentare

  1. […] von neun Jahren seine Leidenschaft für das Zeichnen entdeckt. So zumindest wird es im dritten Teil seiner grandiosen und preisgekrönten Erinnerungen »Der Araber von morgen« […]

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