Artbooks, Film

Künstlerbiografien und Bandgeschichten

Ute Klophaus © zeroonefilm/ bpk_ErnstvonSiemensKunststiftung_StiftungMuseumSchlossMoyland
Ute Klophaus © zeroonefilm/ bpk_ErnstvonSiemensKunststiftung_StiftungMuseumSchlossMoyland

Joseph Beuys, der Mann mit dem Hut, dem Filz und der Fettecke. 30 Jahre nach seinem Tod erscheint er uns als Visionär, der seiner Zeit voraus war und immer noch ist. Als erster deutscher Künstler erhält er eine Einzelausstellung im Guggenheim Museum in New York, während zu Hause sein Werk mehrheitlich noch als »teuerster Sperrmüll aller Zeiten« gilt. Gefragt, ob ihm solche Urteile gleichgültig seien, sagt er: »Ja. Ich will das Bewusstsein der Menschen erweitern.« Andres Veiel erteilt dem Künstler selbst das Wort. Aus zahlreichen bisher unerschlossenen Bild- und Tondokumenten montiert er ein assoziatives, durchlässiges Porträt, das, wie der Künstler selbst, eher Ideenräume öffnet als Statements verkündet. Beuys boxt, parliert, doziert, erklärt dem toten Hasen die Kunst und fragt: »Wollen Sie eine Revolution ohne Lachen machen?« Doch man erlebt auch den Menschen, den Lehrer und Grünen-Kandidaten. Einmal, kurz vor seinem Tod, lässt er sich auch ohne Hut fotografieren. Die Widersprüche und Spannungsfelder, in denen Beuys’ Gesamtkunstwerk entstanden ist, werden sichtbar. Sein erweiterter Kunstbegriff führte ihn mitten in bis heute relevante gesellschaftliche, politische und moralische Debatten.

Regie: Andres Veiel

Final Portrait

© Parisa Taghizadeh
© Parisa Taghizadeh

1964 in Paris: Alberto Giacometti bestimmt, wann in seinem Atelier gearbeitet, getrunken, gezweifelt, zerstört, geflirtet und gelacht wird. Er ist ein etablierter Künstler, seine Werke erzielen Rekorderlöse auf dem Markt. Das Geld versteckt er in seinem Atelier. Mit Ehefrau Annette gibt es nicht nur deshalb öfter Krach, denn seine Geliebte Caroline bekommt alle Zuwendung des Meisters. Sein Bruder Diego, ebenfalls Künstler, kennt seine Macken. Giacometti bittet den amerikanischen Kunstkritiker und Biografen James Lord, ihm Modell zu sitzen. Die Sitzungen, eigentlich auf eine Woche angelegt, werden immer wieder von Bistro-Besuchen oder Spazierfahrten unterbrochen und wollen kein Ende nehmen. Mehrfach verschiebt Lord seinen Heimflug. Ein Blick in Werkstatt und Persönlichkeit des berühmten Schweizer Malers und Bildhauers, zwei Jahre vor dessen Tod. In seiner fünften Regiearbeit fürs Kino porträtiert Schauspieler Stanley Tucci den Künstler mit allen Stärken und Schwächen und erzählt vom Chaos des künstlerischen Schaffens, den Zweifeln, dem Mut zur Zerstörung und zum Neuanfang – ein Genie bei der Arbeit. Tuccis Drehbuch basiert auf der Biografie »A Giacometti Portrait« von James Lord.

Regie: Stanley Tucci. Mit Geoffrey Rush, Armie Hammer, Clémence Poésy, Tony Shalhoub, James Faulkner, Sylvie Testud

Maudie

© Duncan Deyoung
© Duncan Deyoung

Seit ihrer Kindheit leidet Maud unter einer schweren Form der Arthritis, die zur Missbildung ihrer Knochen geführt hat und fast jede Bewegung zur Qual werden lässt. Als ihr Bruder das Elternhaus verkauft, muss die junge Frau zu ihrer Tante in Nova Scotia ziehen. Maud ist einsam, doch voller Lebenswillen. Angetrieben wird sie von ihrer großen Leidenschaft, der Malerei. Auf der Suche nach mehr Selbstständigkeit antwortet sie auf eine Anzeige, in der Everett, Fischhändler und sozialer Außenseiter, eine Haushälterin sucht. In seiner kleinen Hütte teilen die beiden fortan den Alltag, kommen einander zögerlich näher, und heiraten schließlich. Maud beginnt, ihr Heim mit ihren Bildern zu verschönern, und wird bald zu einer lokalen Berühmtheit. Ihre Postkarten und kleinen Leinwände mit farbenprächtigen Motiven gelangen bis nach New York und Washington. Auch den wortkargen Everett erfüllen sie irgendwann mit Stolz. Die gefühlvoll erzählte Lebensgeschichte der naiven Malerin Maud Lewis, die sich gegen ihren körperlichen Verfall auflehnt und das Glück in ihrer Kunst findet. Zugleich ein Film über eine merkwürdige, spröde Liebe, die in der kargen Landschaft an Kanadas Atlantikküste zum Erblühen kommt.

Regie: Aisling Walsh. Mit Sally Hawkins, Ethan Hawke, Kari Matchett, Gabrielle Rose, Zachary Bennett

Werner Nekes – Das Leben zwischen den Bildern

© Ulrike Pfeiffer
© Ulrike Pfeiffer

Seit er 1967 die Hamburger Film Coop mitbegründete, galt Werner Nekes bis zu seinem Tod im Januar 2017 als einer der bedeutendsten Experimentalfilmer. Sein umfangreiches Œuvre ist eng verbunden mit fast 40.000 optischen Apparaturen, Objekten, Bildern, Anamorphosen, Büchern und Dokumenten aus sechs Jahrhunderten: Wie ein Archäologe hat er sie ausgegraben und gesammelt, um Filmgeschichte als Mediengeschichte zu erforschen, erfahrbar zu machen und in seinen Filmen weiterzuentwickeln. Anhand von Gesprächen mit Freunden und Weggefährten, darunter Bernd Upnmoor, Helmut Herbst, Alexander Kluge, Klaus Wyborny, Daniel Kothenschulte und Helge Schneider schickt Ulrike Pfeiffer uns in die Weiten seiner Wunderkammer und filmischen Werke. Gleichzeitig gewährt die Dokumentation Einblick in die Geschichte des Experimentalfilms in Deutschland. Nekes Gedanken über Malerei, das Bewegtbild und den Einfluss der visuellen Wahrnehmung auf das Weltbild des Menschen fanden unmittelbar Eingang in einen kubistischen Tanzfilm in 16mm, über den er spricht und aus dem Szenen zu sehen sind. Die Gestaltungsmöglichkeiten mit der Kamera vergleicht er dabei mit den Handlungsmöglichkeiten eines Kindes, das sich die Welt erobert.

Regie: Ulrike Pfeiffer

3 Kommentare

  1. […] Biopic »Der Staat gegen Fritz Bauer«, die das deutschsprachige Portfolio ebenso erweitern wie Andres Veiels mitreißende »Beuys«-Doku oder Ruth Beckermanns nachdenklich-stille und dennoch überwältigende Bachmann-Celan-Inszenierung […]

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