Fotografie

Die sinnlichste Frau der Welt

Man reibt sich die Augen angesichts dieser Fotografien einer Frau voller Schönheit und Anmut. 250 Seiten Monica Bellucci – einen aufregenderen Bildband hat dieser Bücherherbst nicht zu bieten.

Betörend ist die Ausstrahlung der abgelichteten 46-jährigen Schauspielerin und zweifachen Mutter Monica Bellucci. Mehr Sinnlichkeit, als auf den 148 Fotografien der Bellucci in dem gerade erschienenen Bildband, ist nicht möglich.

Ob als Teenager mit Margarite im Haar oder als Enddreißigerin mit Rose zwischen den Zähnen, ob kostümiert oder inszeniert, offen oder verdeckt hüllenlos, ob verführerisch lasziv oder spielerisch frech, als gezeichnete Fantasie oder als Schnappschuss der verführerischen Frau von nebenan – die hier versammelten erstklassigen Reproduktionen in Farbe und Schwarz-Weiß von Bildern der weltweit renommiertesten Fotografen (sowie dem unbekannten Goldschmied Lino Sgarravizzi aus Umbrien, der die 13-Jährige Monica Bellucci mit einem erstaunlichen Gefühl für ihre naturgegebene Sinnlichkeit fotografierte) sind jede für sich ein Wunderwerk. Dies sind sie nicht aufgrund der herausragenden Kreativität und Techniken von Bettina Rheims, Isabel Snyder, Ellen von Unwerth, Helmut Newton, Richard Avedon, Peter Lindbergh oder Michel Comte und vielen anderen, sondern allein wegen der faszinierenden Monica Bellucci, die im Laufe ihrer etwa 30-jährigen Karriere nichts von ihrer Ausstrahlung knisternder Erotik und ihrer unwiderstehlichen Anziehungskraft verloren hat.

Liest man das Vorwort der Bellucci zu dieser Bildhommage, ist man jedoch kurz irritiert. Sie schreibt, dass sie nie einen Modelkörper gehabt habe: »Groß, aber nicht sehr groß, rundlich, ohne jemals abnehmen zu wollen, habe ich nie versucht, jene Vollkommenheit zu erreichen, die das Gesetz der Mode vorschreibt.« Welch ein Glück, möchte man ihr schon nach den ersten Bildern hinterher rufen, denn gerade in ihrer von der Natur geschaffenen Schönheit liegt ihr Geheimnis. Sie läuft eben nicht der Modewelt nach, sondern eilt ihr in ihrer Natürlichkeit in großen Schritten voraus. Mag sie auch keinen perfekten Körper haben, einen sinnlicheren gibt es definitiv nicht.

Die Sinne sind es auch, die diese Bilder anregen – ebenso einfach wie fatal. Denn der Betrachter erliegt einer sinnlichen Verwirrung, die nicht die Bilder verursachen, sondern die Geschichten, die diese Bilder vermeintlich andeuten. Die Fotografien geben diesen Geschichten einen Rahmen, welchen die Aura der Fotografierten sogleich zu sprengen scheint, so dass die bildlichen Imaginationen auf den Betrachter übergreifen.

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Monica Bellucci. Mit einem Vorwort von Giuseppe Tornatore und einem Text von Monica Bellucci. Aus dem Italienischen von Susanne Vogel. 148 Tafeln in Farbe und Duotone. Verlag Schirmer Mosel 2010. 254 Seiten. 58,- Euro. Hier bestellen

Feminismus- oder Sexismus-Keulen, mit denen man blindwütig auf diese Bilder einschlagen könnte, würde nicht nur an der Ästhetik der Bilder zerschellen, sondern auch umgehend an Monica Bellucci, dieser emanzipierten Frau von Welt, bersten. Wer einen handfesten Beleg dafür sucht, findet diesen im Anhang. Denn die Erlöse dieses Bildbands kommen auch einer französischen Organisation zugute, die sich für den Schutz von Frauen vor Diskriminierung, Gewalt und Ausgrenzung einsetzt.

Die atemberaubenden Bilder dieser faszinierenden Frau wecken beim Betrachter eine Sehnsucht, Giuseppe Tornatore nennt es in seiner Einleitung ein »leises Begehren. Wie eine Liebe, die zu irgendeiner Zeit schon gelebt wurde.« Insofern schwingt beim Betrachten der Fotografien auch eine leise Wehmut mit, die sich beim Zuschlagen dieses Bandes in einem melancholischen »Ach ja …« die notwendige Luft verschafft.