Sie hassen Homosexuelle, sind gegen Abtreibungen und die Pille und machen mit religiösem Eifer gegen alles mobil, was fremd scheint. In der so genannten Tea Party versammelt sich der weiße Mob. Die Journalistin Eva C. Schweitzer hat die Bewegung untersucht. In ihrem Buch »Tea Party. Die weiße Wut. Was Amerikas Rechte so gefährlich macht« durchleuchtet sie die Bewegung.
Eva C. Schweitzer ist promovierte Amerikanistin, lebt seit 1998 in New York und schreibt als politische und kulturelle Korrespondentin für Die Zeit, die Jüdische Allgemeine, den Tagesspiegel und andere Medien über die Situation in den USA. Am Rande der Leipziger Buchmesse sprachen wir mit ihr über ihre Untersuchung der rechtskonservativen Tea Party Bewegung.
Frau Schweitzer, von Ihnen ist vor kurzem das Buch »Tea Party. Die weiße Wut« erschienen, in dem Sie die Hintergründe der nationalkonservativen Tea Party Bewegung in den USA beleuchten. Was ist die Tea Party? Eine Bewegung, eine Organisation oder eine Partei?
Die Tea Party ist eine außerparlamentarische Bewegung, die sich zum Ziel gesetzt hat, die Republikaner zu infiltrieren, eine bekanntermaßen eingetragene Partei. Damit sind sie auch relativ erfolgreich. Es ist eine lose Bewegung, so dass man sich nicht registrieren muss und jeder sagen kann »Ich gehöre dazu« oder »Ich stehe denen nahe« oder »Ich bin die wahre Tea Party« – davon gibt es auch eine ganze Menge. Im Prinzip ist die Tea Party aber der rechtspopulistische Flügel der Republikaner. Das war nicht von Anfang an so. Ursprünglich war die Bewegung stärker von den Parteibindungen losgelöst, man versuchte sogar, Demokraten mit einzubeziehen. Darüber hinaus gibt es auch nahe stehende Gruppen, wie beispielsweise die Tea Party Patriots, ein Verein, den Republikaner gegründet haben, um Konferenzen für die Bewegung zu organisieren, oder so genannte Aktionskomitees, die Spenden sammeln und sich anderweitig konkret engagieren.
Was für gesellschaftliche Strömungen und politische Gruppen stecken hinter der Bewegung?
Das ist schwer zu sagen. Anfangs war das, um es salopp zu formulieren, die Bewegung gegen den »Schwarzen Mann im Weißen Haus«. Da kam zum Großteil die Wut her, die die Gruppe heute noch ausmacht. Dazu kam dann der Banken-Crash – und das ursprüngliche Motto, mit dem die Tea Party angetreten ist, war geboren: Wir müssen das Budget retten und Washington sanieren, also dürfen wir nicht so viel ausgeben. Dieses liberale Motto ist inzwischen nur noch ein politischer Ansatz von vielen. Jetzt fordern sie eine Rückkehr zu den traditionellen Familienwerten, sind gegen die »Homoehe«, gegen die Abtreibung, gegen die Antibabypille – alles Forderungen, die mit dem ursprünglichen wirtschaftsliberalen Ansatz nichts mehr zu tun haben. Anfangs hatte man sich immer noch auf die ursprünglichen Werte Amerikas berufen, das war aber immer nur Fassade. Dieses »Wir wollen zurück zu den Werten der Gründungsväter« klingt halt gut. Aber wenn man sich überlegt, was das konkret heißt: Die ursprüngliche Konstitution hat schließlich die Sklaverei erlaubt, das will man nun wirklich nicht. Es macht letztlich keinen Sinn, denn es gab in der ersten Verfassung auch keine Einkommenssteuer, keine Navy, keine Airforce – man kann also gar nicht dahin zurück. Daher hat sich diese Berufung auf die Ursprünge ziemlich verflüchtigt.
Wie stark ist die Tea Party inzwischen mit den politischen Strukturen Amerikas verwurzelt?
Letztendlich hat sich die Tea Party bei den Republikanern integriert. Sie sind der starke rechte Flügel geworden und versuchen, die Partei zu unterwandern. Ich persönlich glaube nicht, dass sie einen Präsidentschaftskandidaten aus ihren Reihen durchkriegen, aber es wird auch für den Senat und das Repräsentantenhaus gewählt. Und hier bringen sie in den Vorwahlen ihre Kandidaten gegen moderate Republikaner in Position und versuchen, Sitze zu ergattern. Das ist ihnen teilweise bereits gelungen. Bei den Wahlen 2010 haben sich mehrere Tea-Party-Leute durchgesetzt, darunter Personen wie der christliche Fundamentalist Jim DeMint oder Präsidentschaftskandidat Ron Paul.
Ist die Tea-Party-Bewegung fremdenfeindlich?
Ja, zweifellos. Man kann zwar heutzutage auch in den USA nicht mehr offen antischwarz sein, das ist verpönt. Aber man kann schon einwanderungsfeindlich sein. Gerade in den Weststaaten, also Arizona, Kalifornien und Nevada, herrscht eine starke Stimmung gegen jede Form der Einwanderung. Gegen die illegale sowieso, aber auch gegen den legalen Zuzug. Man sagt zwar immer, man hätte nichts gegen legale Einwanderung, dies entspricht aber nicht der Wahrheit.
Wenngleich manche Republikaner diese xenophobe Haltung der Tea-Party-Anhänger für töricht halten.
Ja, das ist richtig. Während die Tea Party generell gegen Einwanderung ist, gibt es bei den Republikanern einen Flügel, der betont, dass man Immigranten und insbesondere die Hispanics nicht ausgrenzen dürfe, weil das die Wähler von morgen sind. Und wenn man denen jetzt vor den Kopf stoßen würde, würde man den Republikanern langfristig schaden. Diese Ansicht vertreten aber nur die moderaten Republikaner, die dafür abgestraft werden. Der texanische Gouverneur Rick Perry hat im Rennen der Präsidentschaftskandidaten zum Beispiel viele Sympathiepunkte verloren, weil er gesagt hat, dass öffentliche Schulen auch illegalen Immigranten offen stehen sollen und der Grenzzaun [zwischen den USA und Mexiko, A.d.A.] nicht verstärkt werden müsse. Wenngleich er außerdem viele andere Fehler gemacht hat, spielte das eine entscheidende Rolle.
Ist es nur eine Frage der Zeit, bis es im republikanischen Lager zu einem offenen Konflikt kommt?
Schon jetzt gibt es ständig Streit und Auseinandersetzungen. Man wird sehen, wie sich die Wahlen auswirken. Wenn die Republikaner deutlich verlieren sollten, dann wird es auch wieder eine Gegenbewegung geben von Leuten, die sagen: »So geht das nicht, ihr verspielt hier unsere Zukunft.«