Jahr: 2023

Das ist Versailles

Der strittige Eröffnungsfilm der diesjährigen Filmfestspiele in Cannes erzählt von Moral und Befindlichkeiten am französischen Hof. Als Kostümfilm kann Maïwenns »Jeanne du Barry« überzeugen, als zeitgemäßer Kommentar kaum.

Geschichtenerzähler mit Herz

25 Jahre hat der türkische Karikaturist Ersin Karabulut die Politik aufs Korn genommen. Inzwischen lebt er in Paris, im europäischen Zentrum der Neunten Kunst. In seinem Comic »Das Tagebuch der Unruhe«, dem ersten von drei geplanten Bänden, erzählt er seine Lebensgeschichte und die seines Landes. Ich konnte mich im Oktober mit ihm über die Geschichte der türkischen Satire-Zeitschriften, seinen Werdegang und den richtigen Ton für schwierige Themen unterhalten.

Karmageddon in Colombo

In Shehan Karunatilakas Geisterroman »Die sieben Monde des Maali Almeida« kämpft ein Zocker und Kriegsfotograf um sein Nachleben. Dabei nutzt der in Sri Lanka lebende Autor alle Mittel der Literatur, um seine Leser:innen blendend zu unterhalten, während er die grausame Wirklichkeit des Krieges in all ihren Dimensionen einfängt.

Umwerfend authentisch

Drei Teenager-Girls fliegen nach Kreta, um dort den Sommer ihres Lebens zu verbringen. Sie trinken, tanzen und haben Sex, aber nicht für jede läuft es wie geplant. »How To Have Sex«, das Debüt der britischen Regisseurin Molly Manning Walker, überzeugt in seinen Zwischentönen und ist von verblüffender Reife.

Der Araber von Morgen wird erwachsen

Die ersten fünf Bände von »Der Araber von Morgen« bestachen durch ihren Erzählreichtum, ihre facettenreichen Schilderungen des Lebens in Libyen und Syrien, die guten Beobachtungen des Alltags und Charakterisierungen der Personen, vor allem des Vaters des Erzählers. Mit dem sechsten Band schließt Riad Sattouf nun dieses Epos aus Beobachtungen, Details und großen Linien. Und auch wenn es verständlich ist, dass die Erzählung endet, schade ist es. Nach sechs Bänden möchte man nicht mehr von der Geschichte lassen.

Pures Kinoglück für Zuhause

Der südkoreanische Regisseur Hong Sang-soo ist längst kein Geheimtipp mehr, auch wenn Filmkritiker:innen das gern behaupten. Das Geheimnis des Erfolges seines leisen Kinos liegt in der genauen Beobachtung seiner Figuren. An ihnen zeigt er, wie nah Komödie und Tragödie im Leben beieinander liegen. Eine prächtige Blu-ray Filmbox versammelt einige seiner wichtigsten Filme.

Im Nebel der Ohnmacht

Der Exil-Iraner Amir Gudarzi erzählt in seinem Debütroman von dem, was ein iranischer Flüchtling auf seinem Weg nach Europa zurückgelassen, und dem, was er nicht erwartet hat. »Das Ende ist nah« nicht autobiografisch zu lesen ist nicht leicht, und nicht alles an diesem Text wirkt stimmig. Unabhängig davon erzählt Gudarzi eindrucksvoll von der grotesken Wirklichkeit der Willkommenskultur.

Mehr oder weniger gespalten

Wo stehen wir nach all den Krisen der vergangenen Jahre als Gesellschaft? Gibt es noch einen gemeinschaftlichen Konsens? Was ist überhaupt diese so umkämpfte Mitte der Gesellschaft? Wer darf in dieser Platz nehmen und welche Themen werden dort verhandelt? Und was ist eigentlich mit dieser digitalen Welt, in die alles strebt? Einige aktuelle Bücher gehen diesen Fragen auf den Grund.

Asterix und die Achtsamkeit

Die 40. Ausgabe der Comicreihe »Asterix«, »Die weiße Iris«, kehrt zu alter Größe zurück. Texter Fabcaro und Zeichner Didier Conrad liefern eine amüsierende Geschichte mit frischen Ideen, in der die Römer versuchen, Asterix und seine Gefährten durch Positivismus zu zähmen. Trotz einiger einschneidender Änderungen bleiben die Gallier am Ende ihren alten Gewohnheiten treu.

Entfesselt in Fesseln

Ihre Geschichte verkaufte sich millionenfach und wurde für Netflix von Maria Schrader verfilmt. Jetzt hat die bekennende Unorthodoxe Deborah Feldman über das zwanghafte Verhältnis, das Deutschland und die Deutschen zum Judentum haben, ein Buch geschrieben und beweist darin Chuzpe.