Film

Die Rache ist weich und aus Damast

Sam Garbarskis »Es war einmal in Deutschland« ist eine gefällige Nachkriegskomödie, in der eine jüdische Drückerkolonne die kleinen Nazis über den Daumen zieht.

Dies ist eine wahre Geschichte und was nicht stimmt, ist dennoch wahr, erfährt man gleich zu Beginn dieser etwas anderen Post-Holocaustgeschichte. Sie beginnt 1946 in einem Flüchtlingslager in Frankfurt am Main, wo der jüdische Geschäftsmann David Bermann (Moritz Bleibtreu) darauf wartet, eine Betriebserlaubnis zu bekommen, um die Wäschedynastie seiner Familie fortzusetzen. Doch die US-Army verdächtigt ihn, mit den Nazis gemeinsame Sache gemacht zu haben.

Doch davon lässt sich ein Bermann, der den Holocaust überlebt hat, nicht aufhalten. David überredet seinen Bekannten Holzmann, ein Wäschegeschäft anzumelden. Er versammelt eine Gruppe jüdischer Schicksalsgenossen um sich, die ihm dabei helfen werden, feinste Wäsche und Decken aus Damast an Naziwitwen, verwaiste Soldateneltern und Angestellte der deutschen Reichsbahn zu verkaufen. Gemeinsam machen sie dabei richtig Reibach. Die Methoden, die sie dabei anwenden, sind alles andere als koscher. Gewissensbisse fegen Sie beiseite, denn »Hitler ist tot, aber wir leben noch.« Diese Rache an den kleinen Stützen des NS-Regimes ist so süß, das muss man einfach sympathisch finden.

© 2017 - IGC Films -Virginie Saint-Martin
© 2017 – IGC Films -Virginie Saint-Martin

Lubliner, Verstandig, Fränkel, Fajnbrot und Otte schleppen aber auch alle ein persönliches Holocausttrauma mit sich herum. Der eine musste an der Rampe von Auschwitz Leben und Tod sortieren und dabei Nazischlager in Endlosschleife hören. Ein anderer floh bis nach China, um dort SS-Touristen bedienen zu müssen. Und ein dritter musste aus seinem Versteck mit ansehen, wie seine Lieben mit allen Juden des Ortes erst in die Synagoge getrieben und diese dann in Brand gesteckt wurde. Sie werden im Laufe der Geschichte mit ihren Traumata konfrontiert, nicht alle kommen darüber hinweg.

Parallel zu der Geschichte des florierenden Wäschehandels Holzmann wird David Bermanns Kriegsbiografie aufgerollt. Die US-Sonderermittlerin Sara Simon (Antje Traue) nimmt ihn regelmäßig ins Kreuzverhör, um die Gründe für dessen Status als privilegierter Häftling nebst deutschem Pass herauszufinden. Er tischt ihr die Geschichte auf, als Witzeerzähler erst in die Gunst seines KZ-Vorstehers gelangt und dann von diesem Hitler als persönlicher Witzecoach empfohlen worden zu sein. Dafür wird er extra nach Obersalzberg gebracht, wo er mit einer drallen Kellnerin anbandelt und sich schließlich aus dem Staub macht.

Sam Garbarski: Es war einmal in Deutschland. X-Verleih 2017. 101 Minuten

Wie lange kann man von Überlebenskampf sprechen? Und ab wann kippt die dreiste Vorteilsnahme in Kollaboration? Es sind Fragen wie diese, die Sam Garbarskis (Der Tango der Rachevskis, Irina Palm) Verfilmung von Michel Bergmanns Teilacher-Trilogie in etwas anderer Weise stellt? Zwischen schwarzem Humor, gefälliger Satire und historischer Anlehnung kommen ferner Überlegungen zu Identität, Würde und Verantwortung auf, es werden aber auch so manche Ungereimtheiten in der historisch korrekten Darstellung sichtbar. Fehlende Tiefe, mangelnder Biss und ein zu geringes Maß an Überraschungen sorgen dafür, dass man Es war einmal in Deutschland immer wieder mit hochgezogener Augenbraue sieht. Das ändert jedoch nichts daran, dass diese eingängige Nachkriegsgeschichte durchaus gefällig daherkommt.

Je mehr Bermann von seinem Leben erzählt, desto misstrauischer wird die amerikanische Ermittlerin. »Manchmal glauben wir selber nicht, was wir erlebt haben«, entgegnet er der Spionin. Der Zweifel an dieser Erzählung ist kalkuliert, denn »wenn man sich das Leben nicht ein bisschen schön lügen würde, dann wäre es nicht auszuhalten.«