Der Wettbewerb der 70. Berlinale hat begonnen. In Giorgio Dirittis Malerbiografie »Hidden Away« begegnet man einem tierisch guten Künstler und einem famosen Schauspieler.
Es gibt für jeden Menschen einen Platz auf dieser Welt, erklärt der Vorsteher des Heimes, in das Toni als kleiner Junge kommt, nachdem seine Adoptiveltern die Geduld mit ihm verloren haben. Von seinen Eltern nicht gewollt, haben sie ihn aufgenommen, weil sie selbst keine Kinder bekommen können. Sie bekommen den verhaltensauffälligen Jungen jedoch nicht in den Griff. Doch auch im Heim wird er nicht glücklich. Sein allzu leichtes Gemüt macht es anderen Kindern leicht, ihn als Bekloppten zu hänseln.
Er läuft weg, schlägt sich durch und haust in den angrenzenden Wäldern wie ein Clochard, und habe damit einiges gemein mit den Migranten, die aus dem Süden der Welt nach Europa kommen, meint Regisseur Giorgio Diritti, der selbst mit zahlreichen Preisen ausgestattet ist und zu den renommierten Neuzugängen in Berlin gehört. Und wie die Migranten braucht auch der geistig etwas zurückgebliebene und schiefgesichtige Toni Herzlichkeit und Bestätigung, um sich zu entfalten. Die bekommt er, als ihn ein Steinhauer und seine Mutter aufnehmen. In Ihrer Umgebung verliert er seine Menschenscheu, blüht auf und gerät an die Kunst. Auf dem Hof beginnt er zu malen und zu modellieren, Tiere haben es ihm besonders angetan. In grellen Farben und naiven Posen versammelt er auf seinen Leinwänden Tiger auf dem Sprung, Hähne im Kampfmodus oder Hasen in Lauerhaltung.
Der Steinmetz wird auf das Talent seines Dauergastes aufmerksam, informiert einige Kunsthändler und plötzlich sind Toni Ligabues Gemälde nicht nur bei den örtlichen Kindern beliebt, sondern auch bei Kunstsammlern. Was nun folgt ist die skurrile Geschichte eines Künstlers, den erst niemand ernst nehmen und in dessen Gunst plötzlich alle wollen. Wer es dabei ernst meint und wer nur von seinem finanziellen Aufstieg profitieren will, wird dabei nie ganz deutlich.
Der Italiener Giorgio Diritti präsentiert im Wettbewerb der 70. Berlinale die Geschichte eines außergewöhnlichen Künstlers, von dessen Existenz er selbst erst durch das Projekt erfahren hat. Ligabue habe sein energischer Wille ausgezeichnet, »ein Mensch zu sein und anerkannt zu werden. Und dass diese Anerkennung über die Kunst entsteht«, erklärte Diritti auf der Pressekonferenz zum Film.
Diesen Willen bringt Hauptdarsteller Elio Germano mit seinem physischen Spiel eindrucksvoll zur Geltung. Er lässt seine Figur die Welt aus seiner ganz eigenwilligen Perspektive mit allen Sinnen entdecken. Germano kriecht im Schlamm, kaut Ton und schluckt Parfüm, lässt seine Figur Tiere nachahmen, ficht vor der Leinwand imaginäre Kämpfe aus und rastet verzweifelt aus. Dazu kommt eine Mimik, die unter die Haut geht. Allein für dieses tierisch gute, intuitive Spiel lohnt sich der Gang ins Kino.
Der in Berlin lebende Kameramann Matteo Cocco hat den farbenfrohen Stil von Ligabues Bildern in den Film übertragen. In gesättigten Tönen kommen seine Aufnahmen daher, nicht wenige seiner Bilder wirken selbst wie Gemälde.
Antonio Ligabue war ein großer Künstler, aller Widerstände zum Trotz. Giorgio De Chiroco selbst hat ihn zu Lebzeiten auf einem Kunstfestival ausgezeichnet und ihm damit seine Anerkennung entgegengebracht. Dank Giorgio Diritti lernt man diesen außergewöhnlichen Menschen nicht nur kennen, sondern sieht auch noch einen gelungenen Kinofilm, von dem man sich nur gewünscht hätte, dass er die biografischen Motive Ligabues durchgängig so hervorgekehrt hätte, wie er das in den ersten Minuten tut.
[…] seine Verkörperung des gleichermaßen wahnwitzigen wie wahnsinnigen Künstlers Antonio Ligabue in Giorgio Dirittis Künstlerporträt »Volevo Nascondermi«. Germano widmete den Preis allen, die wie seine Figur marginalisiert werden. Ligabue lehre uns, […]
[…] scharfen, dann wieder mysteriös verschwommenen Bildern schafft Kameramann Matteo Cocco – zuletzt 2020 mit Giorgio Dirittis Biopic »Volevo nascondermi« auf der Berlinale – in den engen Gassen der römischen Altstadt und in den zwielichtigen Unterführungen der […]