Film

Blinde Wut

Der italienische Meister des Horrors Dario Argento kehrt nach über zehnjähriger Abwesenheit mit dem packenden Thriller »Occhiali Neri« fulminant auf die Leinwand zurückkehrt.

Alles beginnt mit einer Sonnenfinsternis. Langsam, aber unwiderstehlich legt sich ein Schatten über Rom und hüllt die Stadt für eine gefühlte Ewigkeit – tatsächlich sind es exakt 90 Minuten – in eine bedrohliche Dunkelheit. Denn in der italienischen Metropole hat es ein Unbekannter auf Edelprostituierte und Call-Girls abgesehen. Drei sind bereits auf bestialische Weise umgebracht worden. jetzt hat er es auf Diana (Ilenia Pastorelli) abgesehen.

Als die attraktive junge Frau von einem Stammkunden kommt, kann sie dem vermummten Mann nur knapp entkommen kann. Bei der anschließenden Verfolgungsjagd kommt es zu einem tragischen Unfall, bei dem Diana ihr Augenlicht und ein kleiner chinesischer Junge namens Chin (Xinyu Zhang) seine Eltern verliert.

Chin und Diana bilden fortan eine Schicksalsgemeinschaft, die dieser Unfall aneinander bindet. Allerdings ist der Junge aus dem Kinderheim abgehauen und Diana versteckt ihn bei sich vor der Polizei. Rita (Asia Argento) weiß davon zunächst nichts, sie soll Diana dabei helfen, mit ihrer neuen Situation zurechtzukommen. Dabei stellt sie schnell fest, dass sich die junge Frau verfolgt fühlt. Sie sorgt dafür, dass Diana einen Blindenhund bekommt, der nicht nur führen, sondern auch seine Besitzerin verteidigen kann. Den Serienmörder hält dies aber nicht davon ab, seinem vierten Opfer nachzustellen.

Aus dieser Konstellation hat Dario Argento einen nervenaufreibenden Thriller gemacht, der an sein frühes Kino erinnert. Mit mal stechend scharfen, dann wieder mysteriös verschwommenen Bildern schafft Kameramann Matteo Cocco – zuletzt 2020 mit Giorgio Dirittis Biopic »Volevo nascondermi« auf der Berlinale – in den engen Gassen der römischen Altstadt und in den zwielichtigen Unterführungen der Außenbezirke eine beklemmende Atmosphäre. Dazu kommt eine ständig knisternde Tonspur, die im Zusammenspiel mit Arnaud Rebotinis Score die Haare zu Berge stehen lässt.

Argento erspart aber auch seinen Figuren und seinen Zuschauern nichts. Es gibt in diesem Film weder Erbarmen noch Erlösung, blutdurchtränkt ist die komplette Leinwand. Man kann sich gewaltvollen Tod kaum übler vorstellen, als er hier vollzogen wird.

In diesem Thriller wütet ein frauenhassender Incel, der seine blinde Wut derart am weiblichen Körper auslässt, dass es selbst den ermittelnden Kommisaren die Sprache verschlägt. Eine vernichtendere Gestalt als diese bekommt der alte weiße Mann auf dieser Berlinale wohl nicht mehr.

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