Film

Am persischen Faden

Nahuel Pérez Biscayart in »Persian Lessons« von Vadim Perelman | © HYPE FILM

Der Argentinier Nahuel Pérez Biscayart brilliert als jüdischer Sprachkünstler neben einem genialen Lars Eidinger als manischem SS-Kommandant in Vadim Perelmans Drama »Persischstunden«.

Gilles überlebt, weil er auf einem Gefangenentransport ein Stück Brot gegen ein persisches Buch tauscht, das er gar nicht lesen kann. Er wird es wenig später dem SS-Soldaten vor die geladene Pistole halten und behaupten, er sei nicht der belgische Jude Gilles, sondern ein Perser namens Reza. So wird er nicht im Wald erschossen, sondern in das nahe gelegene KZ gebracht.

Persischstunden. Regie: Vadim Perelman. Mit Nahuel Pérez Biscayart und Lars Eidinger. Alamode Film. 127 Minuten. Mehr unter www.alamodefilm.de

Der dortige Lagerkommandant Koch, in einer unheimlichen Ambivalenz gespielt von Lars Eidinger, will, dass er ihm Persisch beibringt, weil er nach dem Krieg in Teheran ein Restaurant eröffnen will. Reza, eindrucksvoll gespielt von Nahuel Pérez Biscayart, muss sich inmitten des Lageralltags nicht nur eine Fantasiesprache ausdenken, sondern auch ihre Regeln und Abhängigkeiten verinnerlichen. Gerade aus dieser Grundkonstellation zieht der Film, dessen Drehbuch kein Geringerer als Wolfgang Kohlhaase verfasst hat, viele Spannungsmomente, da in den kammerspielartigen Szenen der titelgebenden »Persischstunden« deutlich wird, was auch nur der kleinste Fehler oder Irrtum für fatale Konsequenzen haben würde.

Der ukrainisch-kanadische Regisseur Vadim Perelman fängt in diesem beklemmenden, immer wieder aber auch komischen Drama – das auf der 2020er Ausgabe der Berlinale für große Begeisterung sorgte – das fragile Verhältnis zweier Männer ein, die sich inmitten des Grauens eine eigene Welt erschaffen.

Im Gegensatz zu anderen Erinnerungsfilmen wie László Nemes »Son of Saul« – der in der Erzählperspektive ebenfalls aus der Opferperspektive erzählt – verzichtet Perelmans auf wahren Begebenheiten beruhender Film weitgehend auf die Darstellung der Gräuel des Lagers und beschränkt sich auf wenige Aufnahmen aus dem Lageralltag. »Persischstunden« ist ein Hohelied auf die Fantasie und den Mut, dem Tod mit Chuzpe zu begegnen.

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