Alle Artikel in: Roman

Inside Refugee oder: Abbas Khider und sein Roman zur Stunde

Auch wenn der neue Roman des Deutsch-Irakers Abbas Khider vor der Kulisse des zweiten Golfkriegs spielt, ist der lückenlose Erfahrungsbericht seines in Deutschland gestrandeten Asylsuchenden von höchster Aktualität. Wer verstehen will, was die Flüchtlingspolitik mit den Betroffenen im Inneren anrichtet, muss diese »Ohrfeige« auf das europäische Asylsystem lesen.

Die letzte Ausfahrt vor der Verantwortung

Ann hat nicht nur ihren Mann, sondern auch den Kontakt zum Leben verloren. Sie macht sich auf die Suche nach sich selbst und begegnet dabei einem Pariser Kommissar, der vor seiner Beförderung davon- und seinem wahren Ich entgegenläuft. Was es heißt, das Leben in die Hand zu nehmen und welche Kapriolen es dann schlägt, davon erzählt der Berliner Autorin Katerina Poladjan in ihrem Roman »Vielleicht Marseille«. Ein Gespräch über die innere Heimat, Selbstverlust und Selbstermächtigung und über das Bedürfnis, an die Hand genommen zu werden.

Das Leben, nur ein Windstoß

Anthony Doerr ist einer der größten Erzähler Amerikas. Für »Alles Licht, das wir nicht sehen« erhielt er im vergangenen Jahr den Pulitzerpreis für Literatur. Der Roman ist zweifellos eines der eindrucksvollsten und berührendsten Bücher, das vom Kampf ums Überleben und der Unmenschlichkeit des Krieges erzählt. Seine Besprechung bildet den Auftakt einer Doppel-Kritik-Reihe, deren Gegenstück von Sabine Blackmore auf dem Blog Litdocs erschienen ist.

Berliner Literatur(t)räume

Das Literaturjahr 2015 hat gezeigt, dass Berliner Autoren erfolgreicher schreiben, als die Hauptstadtclubs Fußball spielen. Ob das Literaturjahr 2016 mithalten kann, bleibt abzuwarten, aber es gibt einiges, worauf man sich freuen kann. Das Schöne daran: der besonderen Provinzialität von Berlin wird schreibend definitiv ein Ende gemacht wird.

Materialsammlung aus V.M.Strakas Roman »Das Schiff des Theseus« | Foto: Thomas Hummitzsch

Die Sirenen am Seitenrand

J. J. Abrams und Dough Dorst präsentieren mit »S. – Das Schiff des Theseus« klassische Odyssee, Detektivgeschichte und literarische Verschwörungstheorie in einem. Ihr haptisches Werk ist das Meta-Buch des Jahres, das wie kein anderes vorführt, wo die Grenzen des eBooks liegen.

Bora Cosic | Foto: Thomas Hummitzsch

»Von normaler Prosa versuche ich mich fernzuhalten«

Bora Ćosić ist zweifellos einer der größten osteuropäischen Autoren, über dreißig Bücher hat er bislang geschrieben. Mit »Die Rolle meiner Familie in der Weltrevolution« hat er seinen literarischen Durchbruch gefeiert, nun ist in Deutschland erstmals sein in den siebziger Jahren geschriebenes Opus Magnum »Die Tutoren« in der famosen Übersetzung von Brigitte Döbbert erschienen. Ein Gespräch über dieses sprachgewaltige und vielstimmige Werk, das in Jugoslawien zum Kultbuch avancierte, weil dessen Autor auf jeder Seite ein Fest des Oralen feiert und es nicht wie Marcel Proust dabei belässt, das Gewesene zu verehren.

Anke Stelling | Foto: Thomas Hummitzsch

Die Gemeinschaft ist eine Utopie

Anke Stellings Roman »Bodentiefe Fenster« stand auf der Longlist für den Deutschen Buchpreis und auf der Hotlist des Preises der unabhängigen Verlage. Ausgezeichnet wurde der Roman schließlich mit dem Melusine-Huss-Preis. Die Wohlstandsgesellin Sandra erzählt darin ebenso ermattet wie sarkastisch von ihrem Alltag in einem offenen Wohnprojekt und davon, wie der Lebensauftrag ihrer Eltern, die Welt zu einem besseren Ort zu machen, zur Stolperfalle wird. Ein Gespräch über Fallstricke und Rettungsseile im gemeinschaftlichen Leben hinter bodentiefen Fenstern.

Witzel in der Maschine

Vor zwei Wochen wurde Frank Witzels kühner Roman »Die Erfindung der Roten Armee Fraktion durch einen manisch-depressiven Teenager im Sommer 1969« als bester deutschsprachiger Roman des Jahres ausgezeichnet. Seither läuft die Buchpreis-Maschine auf Hochtouren, man hört von weiteren Auflagen, Hörbuch, Taschenbuch, Auslandslizenzen und schauspielerische Inszenierungen.

Morning portrait session with lovely Jules | Copyright: Bob Sala @ http://rum-diary.net/

Im Kammerspiel der Paarbeziehung

Die Datenschutzaffäre beim Seitensprungportal Ashley Madison bestätigt einmal wieder, was weithin bekannt ist, ohne jemals tatsächlich hinterfragt zu werden: sexuelle Untreue ist ein Dauerthema in Langzeitbeziehungen und häufig ein Trennungsgrund. In ihrem im Frühjahr erschienenen Roman »Der Tag, als meine Frau einen Mann fand« geht Sibylle Berg dem Mythos der sexuellen Erfüllung in der Paarbeziehung nach und kreiert dabei ein höchst amüsantes, wenn auch groteskes Kammerspiel der Beziehung.

Foto: Thomas Hummitzsch

So nah ist die Welt

Das 15. Internationalen Literaturfestival Berlin zeigt sich traditionell politisch und rückt die Situation der Flüchtlinge in den Mittelpunkt. Die Künstler Jakob Preuss, Jenny Erpenbeck und Ashur Etwebi diskutierten über die europäische Einwanderungspolitik und rückten die Schicksale der Schutzsuchenden in den Mittelpunkt.

Clemens Setz beim ilb 2015 | Foto: Thomas Hummitzsch

»Grazwurzelrevolution« mit Heißluftballon

Einmal mehr scheint das österreichische Wunderkind Clemens J. Setz einer der Favoriten auf den Deutschen Buchpreis zu sein. Sein neuer Roman ist ein grenzenloses Spiel mit den Ebenen, ein sprachliches Meisterwerk und eine Lehre der Weltanschauung, in der alles mit allem zusammenhängt. »Die Stunde zwischen Frau und Gitarre« ist eine »Grazwurzelrevolution« der Literatur.

Ulrich Matthes beim Sommerfest im LCB am Wannsee | Foto: Thomas Hummitzsch

Ulrich Matthes liest »Tschick«

Er ist einer von Deutschlands besten Schauspielern. Ob im Tatort oder auf der Bühne des Deutschen Theaters in Berlin – wer Ulrich Matthes einmal gesehen hat, will das immer Wieder. Literaturinteressierten ist der Berliner aber nicht nur als Schauspieler, sondern auch als kongenialer Sprecher bekannt. Beim Sommerfest des Literarischen Kolloquiums Berlin las er aus Wolfgang Herrndorfs Bestseller »Tschick«.