In der Neuübersetzung von Diderots »Jacques der Fatalist und sein Herr« zeigt Hinrich Schmidt-Henkel, wie erfrischend modern und mit wie viel Witz Denis Diderots letzter Roman mehr als 200 Jahre nach seinem Erscheinen immer noch daherkommt.
Arm dran derjenige, der manchen Roman immer nur im Original lesen kann. Die Engländer haben nur einen Shakespeare, wir haben viele. Uns steht der Shakespeare in der Übersetzung von Schlegel und Tieck zur Verfügung, wir können auf Thomas Braschs oder Wolf Biermanns Übersetzungen zurückgreifen, Erich Fried hat ebenso übersetzt wie Karl Kraus und zahllose andere. Und immer verändert sich der Text, das Zeitgenössische hält mit jeder neuen Übersetzung wieder Einzug. Ja, mag manch einer einwenden, aber ein Kunstwerk steht doch für sich! Nun ja, ist der Rezensent geneigt zu antworten, mitunter steht es aber auch einfach nur noch in der Ecke, vergessen und verstaubt. Eine gute Übersetzung zeichnet sich bekanntlich dadurch aus, dass sie einen Text wieder zum Funkeln bringt, ohne ihn zu simplifizieren. Gemessen daran ist Hinrich Schmidt-Henkels neue Übersetzung von Diderots Jacques der Fatalist und sein Herr eine hervorragende Übersetzung, der bei der Verleihung des Preises der Leipziger Buchmesse in der Kategorie Übersetzung der Übertragung von William T. Vollmanns Central Europe von Robin Detje unterlag.
Der Roman wurde nach dem Tod Diderots 1784 veröffentlicht. Erzählt wird die Geschichte einer Reise durch Frankreich, einer Reise ohne Ziel. Oder hat sie doch ein Ziel? Gleich eingangs heißt es »Wohin gingen sie? – Wer weiß schon, wohin er geht?« Am Ende erfahren wir es, aber das ist nebensächlich. Diderots Roman bietet keinen stringenten Handlungsfaden, Jacques und sein Herr reisen, trinken und diskutieren über die zentralen Fragen des Lebens. Im Laufe der Zeit erzählt Jacques sein Leben, der Erzählfluss wird aber durch eine Vielzahl an Ereignissen immer wieder unterbrochen. Das alles ist gespickt mit Witz und Derbheiten. Diderot schaltet sich auch als Autor ein und führt mit dem Leser eine Diskussion über den weiteren Handlungsverlauf. Über allem schwebt die Frage nach dem freien Willen. Inwieweit ist der Mensch Herr seines Schicksals? Die Frage nach dem, was menschliches Handeln bestimmt, ist eine der prägendsten Fragen der Aufklärung.
Die Herr-Knecht-Konstellation lässt sich in der Literaturgeschichte vielfach finden. Bereits im ersten modernen Roman, dem Don Quijote lässt sie sich finden, Diderot bezieht sich explizit darauf. Jacques trägt auch Züge Truffaldinos aus Goldonis Diener zweier Herren. Truffaldino als Harlekin der Commedia dell arte ist urtypisch für den listigen, lebensklugen, unersättlichen Dienertypus. Im Verhältnis Herr und Knecht nimmt Diderot bereits den Umbruch der Französischen Revolution vorweg. Anders als im tradierten Unterwerfungsverhältnis erscheinen Jacques und sein Herr als gleichberechtigte Figuren. Anders als Hegel in seiner Dialektik von Herrschaft und Knechtschaft das Herr-Knecht-Verhältnis dahingehend beschreibt, dass der Herr abhängig vom Anerkennen seines Herrschaftsanspruchs durch den Knecht sei, ist das Verhältnis der beiden Protagonisten ein überaus herzliches.
Jenseits dieser Fragen ist Jacques der Fatalist und sein Herr ein unglaublich modern erscheinender Roman. Das Problem des Erzählers, der vorgeblich nicht recht weiß, wie er seine Erzählung zu einem Ende bringt, hat seine Ausformung im modernen Roman mehrfach gefunden, am heitersten vielleicht in Flann O’Brians In Schwimmen-zwei-Vögel. Die Übersetzung trägt ihren Teil dazu bei.
[…] dann hat dieser Sixten Brauns Lüge an Lüge so kongenial aneinander geknüpft, dass man seinen Don-Quijotesquen Abenteuern mit fassungsloser Begeisterung […]
[…] Wunderlich gehören dazu, aber auch die als Struffsky-Gruppe berühmt gewordenen Thomas Struth, Thomas Ruff und Andreas Gursky. Die zuletzt genannten sind die bekanntesten und erfolgreichsten Schüler, die […]
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