Comic

Weltumwälzendes Konzept

In einem weltweit einmaligen Projekt werden verschiedene Erzählungen aus dem Werk des chinesischen SciFi-Superstars Cixin Liu in Comics übertragen. Ich sprach mit dem französischen Szenaristen Christophe Bec, der gemeinsam mit Stefano Raffaele die Adaption von »Die wandernde Erde« vorgenommen hat, mit der das Comicprojekt startet.

Über 15 Comicadaptionen von Cixin Lius Werken sind geplant. Die erste ist die von Ihnen umgesetzte Erzählung »Die wandernde Erde«. Wie sind Sie Teil des Projekts geworden?
Ich hatte das erste Mal von Liu Cixin gehört, als er als erster chinesischer Autor den Hugo-Award, einen der wichtigsten Science-Fiction-Preise, erhielt. Gelesen hatte ich damals noch nichts von ihm. Corinne Bertrand, die hinter dem Projekt steckt, ist damals auf mich zugekommen. Wir kannten uns bereits von einer ersten Zusammenarbeit. Sie gab mir mehrere Geschichten zur Auswahl und ich war sofort von »Die wandernde Erde« beeindruckt, weil die Erzählung die Themen behandelt, mit denen ich mich gern auseinandersetze.

Worin besteht die größte Herausforderung, wenn man Lius visionäre Geschichten adaptiert?
Darin, die poetische und spektakuläre Dimension des Originals zu bewahren. Dazu gehört auch, Lius weltumwälzende Konzepte anzupassen. Da konnte ich auf die Erfahrung zurückgreifen, die ich beim Zeichnen meiner großen SciFi-Reihen gemacht habe. Aber natürlich ist es eine Ehre, einen kleinen Stein zu dem großen Gebäude beizutragen, in dem sich diese Geschichten entfalten. Cixin Liu steht für mich auf einer Stufe mit Isaac Asimov, Frank Herbert, Philip K. Dick oder Alastair Reynolds.

Was war Ihnen persönlich wichtig bei der Adaption seiner Geschichte?
Ich wollte den ursprünglichen Geist der Erzählung bewahren, wollte aber auch mehr aufzeigen als der Text. Das ist das Geheimnis einer guten Adaption: sie geht über das Original hinaus. Und dennoch bin ich Liu Cixins Welt viel näher gekommen als die chinesische Netflix-Adaption, die auf Basis der Erzählung gedreht wurde.

Christophe Bec (Text), Stefano Raffaele (Zeichnung): »Die wandernde Erde«. Nach dem Roman von Cixin Liu. Aus dem Englischen von Maximilian Schlegel. Splitter Verlag 2021. 128 Seiten. 25,00 Euro. Hier bestellen.

Welche Rolle spielten Zeichner Moebius und Jodorowsky, die Klassiker im Genre?
Ehrlich gesagt gar keine. Natürlich schätze ich diese beiden großartigen Autoren, aber sie waren keine direkte Inspirationsquelle für mich. Ich habe andere Mentoren.

Wo finden Sie Ihre Inspiration?
Meine Quellen sind vielfältig und abwechslungsreich. Viel kommt natürlich aus der Malerei und dem Kino. Ich gehöre zu der Generation, die den Autoren von Metal Hurlant fasziniert gefolgt sind. Frank Fazetta ist ein anderer, der mich geprägt hat.

Visuell lebt ihr Comic von eindrucksvollen Doppelseiten. Welchen Effekt wollten Sie mit dieser Architektur erreichen?
Ich wollte den Eindruck des Gigantismus bewahren und die überwältigenden Bilder aus der Kurzgeschichte zum Leben erwecken, wie sie sich Liu Cixin selbst vielleicht erträumt hatte.

Sehen Sie einen Aktualitätsbezug in dieser Erzählung
Natürlich. Science Fiction reflektiert meist die Gegenwart. »Die wandernde Erde« stellt die Frage nach dem Überleben der menschlichen Spezies angesichts der vom Menschen verursachten Zerstörung unseres Planeten. Um sich selbst zu retten, wird die Menschheit, indem sie diese große Reise mit der wandernden Erde unternimmt, sie letztendlich noch mehr schädigen, vielleicht sogar zerstören und sich selbst dabei mit.

Wie haben Sie sich gefühlt, als Sie die Geschichte eines zerstörten Planeten gezeichnet haben? Hat das etwas mit Ihnen gemacht?
Nein, das war nichts Neues für mich. Ich beschäftige mich mit solchen Geschichten und Themen schon lange. Liu Cixin hat einen originellen Blickwinkel, mit dem ich mich gern auseinandergesetzt habe.

2 Kommentare

  1. […] beiden ungarischen Macher:innen hinter diesem sehenswerten Film verbinden hier Ideen des chinesischen SciFi-Papstes Cixin Liu mit dem Konzept der Überwachungsgesellschaft, wie man es von George Orwell oder Aldous Huxley […]

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