Lars von Triers bereits vor seiner Weltpremiere umstrittener Film »Nymphomaniac« wird bei der Berlinale 2014 außer Konkurrenz in ungekürzter Fassung gezeigt. Inzwischen steht auch schon knapp die Hälfte der Wettbewerbsbeiträge fest.
Dieter Kosslick, Direktor der Internationalen Filmfestspiele Berlin, kann den nächsten Scoop seines Teams feiern. Nachdem bereits im November stolz verkündet wurde, dass Wes Andersons neuer Film The Grand Budapest Hotel die Berlinale eröffnen wird, wurde heute bekannt, dass eine ungekürzte Fassung von Lars von Triers neuem Film Nymphomaniac. Volume I außer Konkurrenz in Berlin gezeigt wird. Zuletzt war Lars von Trier 1984 bei der Berlinale zu Gast, seither hat er all seine Filme bei den Filmfestspielen in Cannes präsentiert.
Der neue Film des Regisseurs von Melancholia, Antichrist, Dogville und Dancer in the Dark erzählt die wilde und poetische Geschichte der selbsterklärten Nymphomanin (Charlotte Gainsbourg) Joe. Der charmante Junggeselle Seligman (Stellan Skarsgård) findet sie zusammengeschlagen in einer Gasse und nimmt sie mit in seine Wohnung, um dort ihre Wunden zu versorgen. Er stellt ihr Fragen, wie es dazu gekommen ist, und Joe beginnt, ihm in acht Episoden ihre lustvolle, verzweigte und facettenreiche Geschichte zu erzählen.
Seit September erschienen immer wieder einzelne Filmhäppchen dieser Episoden auf Youtube und Facebook, die einen Einblick in die einzelnen Kapitel geben sollen. Dabei kann sich die Produktionsfirma des Regisseurs darauf verlassen, dass die amerikanische Prüderie in den beiden Netzwerken zuschlägt. Regelmäßig werden die mehr oder weniger eindeutigen Werbebanner, Filmplakate und Ausschnitte von den Seiten genommen, um kurz darauf auf der Filmseite oder bei Vimeo wieder aufzutauchen. Mit jedem Verbot steigt der Skandalfaktor des Films, was zweifelsohne zu seinem Erfolg oder Misserfolg beitragen wird. Der PR-Maschine von Triers ist diese Mechanik recht, seit Monaten setzt das Nymphomaniac-Team auf den Effekt des Tabubruchs.
Vor wenigen Wochen wurde der Film erstmals wenigen internationalen Journalisten mit der Auflage eines Berichtsembargos in Kopenhagen vorgeführt. Die Kinoversion umfasst zwei Filme mit einer Dauer von über vier Stunden. Um den Film zeigen zu können, hat von Trier sein Werk jetzt in zwei Teile aufgeteilt. Der Streit, ob es sich bei dem neuerlichem Werk von Europas umstrittensten Filmemacher um billigen Porno oder um anspruchsvolle Kunst handelt, ist trotz Embargo längst ausgebrochen und wird – vor allem in den englischsprachigen Medien – engagiert geführt.
Von Triers neuer Film kommt bereits am 25. Dezember in einer gekürzten Fassung weltweit in die Kinos. Er beeindruckt vor allem mit seinem Staraufgebot. Neben Hauptdarstellerin Charlotte Gainsbourg und ihrem Counterpart Stellan Skarsgård ist der Film unter anderem mit Shia LaBeouf, Christian Slater, Jamie Bell, Uma Thurman und Willem Dafoe besetzt.
Berlinale-Direktor Dieter Kosslick freut sich auf den schon jetzt umstrittenen Film. Am Freitag sagte er in Berlin: „Die Berlinale-Besucher werden die ungekürzte Fassung von Nymphomaniac Volume I als erste sehen können. Lars von Trier, der 1984 bei der Berlinale war, kehrt mit diesem Film zum Festival zurück. Für Nymphomaniac findet er eine beeindruckende und radikale Ästhetik.“
Bleibt nur abzuwarten, ob Lars von Trier in Berlin dann einen ähnlich skandalösen Auftritt hinlegt, wie im Frühjahr 2011 bei den Filmfestspielen in Cannes, wo er nach der Präsentation seines wagnerschweren Films Melancholia auf der Pressekonferenz von Sympathien für Adolf Hitler schwadronierte und vom Festival zur persona non grata erklärt wurde. Ein Bruch zwischen Regisseur und Festival, der offenbar tiefe Wunden hinterlassen hat. Nymphomaniac ist der erste Film seit zwanzig Jahren, den von Trier nicht bei den Filmfestspielen in Cannes präsentiert.
Im Herbst des Jahres verkündete von Trier, dass er ab sofort nur noch seine Filme für sich sprechen und sich nicht mehr von der Presse unter Druck setzen lasse. Momentan spricht vor allem seine Werbemaschine für ihn.
Derweil die Medienmaschine rund um von Triers Werk läuft, hat die Berlinale die ersten Wettbewerbsbeiträge angekündigt. So werden unter anderem die Weltpremieren von Alain Resnais neuem Werk Aimer, boire et chanter mit Sabine Azéma in der Hauptrolle, von Dominik Grafs Die geliebten Schwestern mit Hannah Herzsprung sowie George Clooneys The Monuments Men mit Matt Damon und Bill Murray gefeiert. Außerdem stehen neben Wes Andersons The Grand Budapest Hotel bereits Yann Demanges ’71, Yannis Economides Stratos sowie Claudia Llosas Aloft als Wettbewerbsbeiträge fest.
Offizielle Film-Website: www.nymphomaniacthemovie.com
[…] gefolgt von seiner Weltleidenstrilogie bestehend aus »Antichrist«, »Melancholia« und dem zweiteiligen Drama »Nymphomaniac«. Zuletzt lief sein Serienmörder-Thriller »The House that Jack built« in den […]