Die Hauptdarstellerin des chilenischen Beitrags »Gloria«, Paulina Garcia, legt eine der eindrucksvollsten schauspielerischen Leistungen auf der diesjährigen Berlinale hin. Der Film ist eine laute Ode an das Leben, in der die leisen Töne nicht minder beeindruckend sind.
Gloria ist Ende 50, seit 15 Jahren von ihrem Mann getrennt, hat ihre beiden Kinder in die Eigenständigkeit entlassen und schaut nun interessiert auf den zahlreichen Singlepartys in der chilenischen Hauptstadt Santiago de Chile, was das Leben noch für sie bereithält. Immer mal wieder trifft sie dabei auf Männer, die kurzzeitig ihr Interesse wecken, die die Bedürfnisse der lebensfrohen Gloria aber nicht langfristig ausfüllen können. Bis sie den sieben Jahre älteren Rodolfo kennenlernt, der seinen etwas zu voluminös geratenen Bauch unter einem Nierengürtel verbirgt. Beide starten in eine zärtliche und zugewandte Beziehung, über die sich aber bald Schatten legen. Denn Rodolfo kann sich von seiner Familie nicht loslösen, fühlt sich immer noch verantwortlich für seine zwei Töchter und seine Frau, die in Unselbstständigkeit und Versorgungshaltung verharren.
Sebastián Lelios Gloria erzählt von der Liebe im vorgerückten Alter – In Zeiten des abnehmenden Lichts, wenn man so will – und berührt damit ein Thema, das die alternden Gesellschaften des Westens alle betrifft. Ähnlich wie Andreas Dresen in Wolke 9 macht er das auf sensible und würdevolle Art und Weise. Dresen nimmt allerdings eine noch frühere Generation in den Blick.
Die Lebendigkeit der Generation der End-50er verkörpert Paulina Garcia mit Leib und Seele. Jeder Auftritt von ihr wird zu einer Sensation, sie zieht den Blick des Zuschauers magisch auf sich. Gespannt verfolgt man jede ihrer Handlungen und versucht zugleich, in ihren Gesichtszügen zu lesen, was hinter den braunen Augen vor sich geht. Die Melancholie, die sich im Laufe des Lebens einstellt und die hier neben Glorias Lebensfreude steht, wirkt absolut glaubhaft. Paulina Garcia berührt den Zuschauer auf eine unnachahmliche Weise, nach der Pressevorführung des Filmes gab es Begeisterungsstürme für ihre Performanz.
Dass auch die Liebe im Alter nicht ganz einfach ist und die Tatsache, dass jeder sein Leben auf dem Buckel mit sich herumträgt, ihre Tücken bereithält, überrascht nicht wirklich. Aber Paulina Garcia macht aus dieser simplen Wirklichkeit einen sensationellen Film.