Interviews & Porträts

Es geht um die Gestaltung der Sprache

Patricia Klobusiczky | © Ebba Drolshagen

Patricia Klobusiczky übersetzt aus dem Französischen und Englischen. Ihre rhythmische Übertragung von Raphaëlle Reds Debütroman »Akidou« ist kürzlich mit dem Prix Premiere des Institut Français ausgezeichnet worden. Sie verleiht so unterschiedlichen Autor:innen wie Anne Serre, Marie Darrieussecq, William Boyd oder Petina Gappah eine deutsche Stimme. Sie bemängelt die Ignoranz der schöpferischen Arbeit der Übersetzer:innen und wünscht sich eine stärkere Auseinandersetzung mit der Form und Ästhetik eines Textes.

Wie würdest Du den Stand der Übersetzungskritik in Deutschland beschreiben?

Schon bei deutschsprachigen Originalen wird inzwischen fast nur noch der Inhalt wiedergegeben und auf seine gesellschaftspolitische Relevanz reduziert. Und wenn die Form, die Sprache, die Ästhetik eines Textes so wenig Beachtung findet, dann spielt Übersetzungskritik erst recht keine Rolle. Wer eine Übersetzung beurteilen möchte, braucht sie nicht mit dem Original zu vergleichen, denn es geht ja darum, ob die deutsche Fassung überzeugt, in ihrer gestalteten Sprache, nicht als Inhaltswiedergabe.

Welche Wendung oder Floskel zur Übersetzung, welche journalistische Strategie ärgert Dich in der Übersetzungskritik am meisten?

Natürlich der leidige Rückgriff auf das Adjektiv »kongenial«, weil es von Denkfaulheit und Einfallslosigkeit zeugt.

Aktuelle Übersetzungen von Patricia Klobusiczky

Worauf legst Du bei einer Übersetzungskritik wert? Und was kommt aus Deiner Sicht oft zu kurz?

Eine Übersetzungskritik sollte die besonderen Anforderungen und Herausforderungen des jeweiligen Textes erkennen, benennen und infolgedessen bewerten, wie sie im Deutschen erfüllt beziehungsweise gemeistert wurden. Zu kurz kommt meist die schöpferische Kraft der Übersetzer:innen, die Art und Weise, wie sie ihr Instrument – die deutsche Sprache – beherrschen, einsetzen, an dessen Grenzen gehen, ihm neue Töne entlocken und mit der Syntax zaubern.

Was würdest Du hingegen viel öfter über Übersetzungen lesen wollen?

Eine genuine Würdigung der Übersetzungsarbeit statt Floskeln.

Welche Übersetzung einer:eines Kolleg:in hat Dich zuletzt vom Hocker gehauen?

Ich staune immer noch über die Baldwin-Neuübersetzungen von Miriam Mandelkow. Unter anderem, weil sie so ungeheuer rhythmisch und musikalisch sind – ein Aspekt, der bei Prosatexten von der Literaturkritik oft vernachlässigt wird, auch bei deutschsprachigen Originaltexten, obwohl gute Prosa auch immer poetische Qualitäten hat – Bildlichkeit, Klang, Atem. Ich bewundere den Beat beim Mandelkowschen Baldwin, weil ich aus eigener Erfahrung weiß, wie schwer er im Deutschen zu erzeugen ist. Dahinter stecken abertausende Stunden Schwerstarbeit, die man dem Text bei der Lektüre nicht anmerkt. Denn er bringt einen fast selbst zum Tanzen, ohne die Wucht des Verhandelten zu mindern.

Patricia Klobusiczky empfiehlt die Baldwin-Bibliothek in der Übersetzung von Miriam Mandelkow


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