Alle Artikel in: Gesellschaft

Ein Paukenschlag für die Königsdisziplin

Mit Jan Wagners »Regentonnenvariationen« gewinnt erstmals ein Lyrikband den Preis der Leipziger Buchmesse. Den Sachbuchpreis erhielt der Österreicher Historiker Philipp Ther für seine gesellschaftspolitischen Erkundungen in »Die neue Ordnung auf dem alten Kontinent«. Der Preis für die beste Übersetzung ging an Mirjam Pressler für ihre Übertragung von Amos Oz’ neuem Roman »Judas«.

Fragwürdiger Armutsvoyeurismus: Das Bild des »Zigeuners«

»Wer Macht über Bilder hat, hat gleichzeitig Deutungsmacht über Menschen«, schreibt Frank Reuter in seiner hochaktuellen Studie »Der Bann des Fremden. Die fotografische Konstruktion des ‚Zigeuners’«. Er fordert dazu auf, die eigenen Sehgewohnheiten kritisch zu hinterfragen und statt der simplifizierenden Bildikone die Verschiedenheit innerhalb der Minderheit zu entdecken.

Fotomontage Thomas Hummitzsch

Die Agenten der Geldreligion

Der Berliner Germanist Joseph Vogl zeigt in seiner formidablen Funktionsanalyse der Finanzpolitik, wie Zentralbanken als unabhängige Regierungsenklaven entworfen wurden und unter den Vorzeichen demokratischer Modernisierungsprozesse zu konstitutionellen Aus(nahme)fällen geworden sind. Deren systemimmanentes Ziel bestand immer darin, die existierende Finanzpolitik aus Selbstzweck zu perpetuieren. Inzwischen stehen auch sie machtlos vor dem selbstgeschaffenen Götzen Markt.

Mapping Stereotypes

Jeder sieht die Welt mit eigenen Augen. Dieses Prinzip hat Yanko Tsvetkov auf Landkarten angewandt. Entstanden sind bislang zwei »Atlanten der Vorurteile« mit tiefgründigen Welt- und Denkbildern, die Klischees als unreflektierte Bequemlichkeiten entlarven.

»Zwischen Danse Macabre und Kindergeburtstag«

Unentwegt schreibt Dietmar Dath an den wahrscheinlichen Zukunftsszenarios der Menschheitsgeschichte. Schon sein biopolitischer Anti-Gesellschaftsentwurf »Die Abschaffung der Arten« als auch sein interstellarer Science-Fiction-Roman »Pulsarnacht« ließen seine Leser vor der Zukunft erzittern. Seine aktuelle Dystopie »Feldeváye. Roman der letzten Künste« sowie der rEvolutionscomic »Menschen wie Gras wie« schließen daran an und verheißen die »unübersichtlichste Revolution aller Zeiten«.

Foto: William Vollmann

»Und der Welt? Wer vergibt der Welt?«

Der Schriftsteller und Weltenbummler Ilija Trojanow hat mit »Wo Orpheus begraben« liegt eine Hommage an sein Herkunftsland Bulgarien geschrieben, in dem er die Mythen, die über das Schwarze Meer und den Balkan ziehen, mit den Geschichten der Bewohner dieser Region verbunden hat. Illustriert sind Trojanows Erzählungen mit quasi-dokumentarischen Fotografien von Christian Muhrbeck.

See in der Uckermark | Foto: Thomas Hummitzsch

Das Ei aus der Uckermark

Saša Stanišić hat mit seinem uckermärkischen Dorfroman »Vor dem Fest« den Preis der Leipziger Buchmesse gewonnen. »Der Schatten des Fotografen« des Kulturwissenschaftlers Helmut Lethen ist das beste Sachbuch des Frühjahrs. Robin Detjes Übersetzung von William T. Vollmanns »Europe Central« wurde als »berserkerhafte« Übertragung ausgezeichnet.

Ellen von Unwerth: "Lana del Rey", 2012 | © Ellen von Unwerth Studios

Bein zeigen

Ausgehend vom Epochenbruch der Französischen Revolution untersucht die Literaturwissenschaftlerin Barbara Vinken in »Angezogen. Das Geheimnis der Mode«, welche Strukturen die Grundlage für die Entwicklung weiblicher und männlicher Mode bereitet.

© Thomas Hummitzsch

Eine Form des Liebens

Thomas Hitzlsperger hat sich nach dem Ende seiner Karriere als Fußballprofi zu seiner Homosexualität bekannt. Die Journalistin Carolin Emcke hatte schon vor zwei Jahren – ausgehend von der persönlichen Erfahrung – ein überaus intelligentes Buch über das Begehren geschrieben, das weder »gut« noch »schlecht« kennt, sondern einfach ist.

Raus mit der Sprache

Ann-Marlene Henning und Tina Bremer-Olszewski machen das, wovor sich die meisten Eltern drücken. Sie klären Kinder und Jugendliche auf. Ihr Buch »Make Love« zeigt, dass man der schönsten Sache der Welt nicht den Stöpsel ziehen muss, um zu erklären, was es dabei zu beachten gibt.