Film

Hommage durch knallbunte Persiflage

Was kann ein Eröffnungsfilm eines Filmfestivals Besseres leisten, als dem Medium nicht nur Hommage zu erweisen, sondern es auch nicht zu ernst zu nehmen. Ethan und Joel Coen gelingt mit ihrer mit zahlreichen Stars besetzten Hollywood-Komödie »Hail, Caesar!« genau dies, ohne dabei zu sehr in den Klamauk abzugleiten.

Im Zentrum steht der Manager der Capital-Studios Eddie Mannix, überaus überzeugend verkörpert von einem Josh Brolin in Höchstform, der mit Zuckerbrot und Peitsche die Geschicke der Traumfabrik führt. Er kennt jeden Abgrund der Stars und Sternchen, die durch deine heiligen Hallen schweben. Sie alle bekommen seine volle Aufmerksamkeit und zugleich ignoriert er jeden einzelnen Satz, den sie ihm sagen. Noch bevor er ihr Anliegen zur Kenntnis genommen hat, weiss er schon, was er ihnen dazu zu sagen hat. Diesen Mannix beobachtet man in seinem täglichen Kleinklein zwischen einem genervten Priester, einer resoluten, alles wissenden Sekretärin, einem ehrgeizigen Headhunter der Waffenlobby (der den vorschnellen Abgesang auf das Kino singt) und zahlreichen eitlen Akteuren.

Da ist der große Star der Studios Baird Whitlock (George Clooney), der den römischen Imperator in der Hauptproduktion des Studios verkörpert. »Hail, Caesar« ist der Film, um dessen Produktion sich die Handlung zum großen Teil dreht. Nicht nur, weil die religiösen Gefühle von Juden und Christen im Büro des Produzenten diskutiert werden müssen, sondern vor allem, weil Whitlock durch einen kommunistischen Zusammenschluss von Drehbuchautoren und Philosophen in ein Strandhaus in Malibu-Beach entführt wird. Die Gruppe will mit dem Filmstar als Geisel von Mannix nicht etwa die überfälligen Anteile für ihre Arbeit, sondern ein prächtiges Lösegeld für die kommunistische Sache auszulösen.

Hail, Caesar! | © Universal Pictures
Hail, Caesar! | © Universal Pictures

Am Ende geht die Sache baden, aber das ist nebensächlich in dieser ironischen Aufarbeitung der Verfolgung angeblich kommunistischer Drehbuchautoren in der McCarthy-Ära, während der linke Autoren aus den Hollywood-Fabriken gejagt wurden. Die Coen-Brüder lassen sie sich zur Wehr setzen, indem sie den von McCarthys Schergen angenommenen Geheimbund in die filmische Wirklichkeit bringen.

Während also die Mannen um einen gewissen Herbert Marcuse Mannix großen Star in ihren Händen halten und dessen Sympathie gewinnen, muss Mannix ein privates Problem seines anspruchsvollen Starletts DeeAnna Moran lösen, die sich von einem ihrer zweifelhaften Liebhaber hat schwängern lassen und deren Ruf als unschuldige Meerjungfrau nun in Gefahr gerät. Scarlett Johansson sieht man hier zum ersten Mal in der Rolle einer dümmlich-zickigen Diva im Mermaid-Kostüm – wunderbar! Das kann nur Tilda Swinton in der Doppelrolle der Thacker-Schwestern toppen, die als Journalistinnen die Skandale und Skandälchen hinter den Kulissen derr Studios aufdecken wollen und damit Mannix das Leben schwer machen. Ganz nebenbei muss er dem schnöseligen Broadway-Director Laurence Laurentz (Ralph Fiennes) vermitteln, dass er mit dem unbeholfenen Westernstar Hobie Doyle (Alden Ehrenreich) zurechtkommen muss. Und dann gibt es da noch den famosen Tänzer Burt Gurney (Channing Tatum), dessen Schauspiel sich als eines mit doppeltem Boden herausstellen wird.

Hail, Caesar! | © Universal Pictures
Hail, Caesar! | © Universal Pictures

Mit Eddie Mannix durchlaufen die Zuschauer all das, was das Filmbusiness seit seinem Beginn ausmacht. Affären, Allüren und Manipulation, Schwäche, Eitelkeiten und Verletzlichkeit sowie nicht zuletzt Unmengen an Blendwerk. Dieses ist aber so zauberhaft und federleicht inszeniert, dass man kaum anders kann, als sich dieser Scheinwelt vollends hinzugeben. Nach Meisterwerken wie No Country for Old Men, Fargo, Burn after Reading oder The Big Lebowski haben Joel und Ethan Coen mit Hail, Caesar! den idealen Festivaleröffner gedreht. Der Film ist nicht nur eine spritzige und mitreißende Komödie, bei der hinter jeder Szene das amüsierte Kopfschütteln der Coen-Brüder über die Marotten der eigenen Branche sichtbar wird, sondern vor allem auch eine vergnüglich Hommage an das Kino, mit einer wilden Reise durch die verschiedenen Genres – vom Historienschinken à la Ben Hur über den rasanten Western bis hin zum Broadway-Drama.

Unterhaltsam ist das durchaus, erinnert an die fulminant-bunten Eröffnungen mit Wes Andersons Grand Budapest Hotel (2014) und Wong Kar Wais The Grandmaster (2013). Wie lose aber die einzelnen Enden dieser Hollywood-Komödie zusammenhöngen, wird am bemühten Ende des Filmes deutlich. Da müssen unbedingt alle Fäden noch einmal aufgegriffen und bis zur Entmystifizierung zuende erzählt werden. So viel Realität wirkt schon fast pennälerhaft brav und will so gar nicht zum kreativen Übermut der von Joel und Ethan Coen passen.

Vor allem geht es an dem vorbei, was Eddie Mannix als Credo des Kinos ausgerufen hat: Die Menschen wollen keine Wahrheiten, die Menschen wollen Träume! Davon bieten die Coen-Brüder über weite Teile von Hail Caesar! eine ganze Menge, so dass man zu Beginn dieser 66. Berlinale, die sich dem Glück gewidmet hat, nach diesem Auftakt schon ziemlich happy den Kinosaal verlässt.

3 Kommentare

  1. […] Er leitet ein großes Studio im Hollywood der fünfziger Jahre. Doch als der Historienschinken »Hail, Caesar!« (hier unsere Rezension) kurz vor Abschluss steht, wird der Star des Films von Kommunisten entführt. Außerdem bereitet ihm […]

  2. […] würde mit einem Musikerfilm ähnlich unterhaltsam starten, wie in den vergangenen Jahren mit der Hollywood-Hommage Hail, Caesar! der Coen-Brüder oder Wes Andersons Fin de Siecle-Klamotte Grand Budapest Hotel, der wurde eines Besseren belehrt. […]

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