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Die goldene Lüge des Nekromanten

Der Verlag rotopolpress verlegt grafische Literatur von revolutionärer Bildsprache. Kürzlich sind drei Werke aus dem Haus mit dem ICOM Independent Comic Preis ausgezeichnet worden, die zwischen Space-Opera, Spinnerei und Mythologie wandeln. Thomas Wellmanns »Pimo & Rex« ist ein überbordendes Farb- und Formspektakel und eine begeisternde Herausforderung für unsere Lese- und Sehgewohnheiten.

Unkonventionell und kreativ kommt Thomas Wellmanns erster Band von Pimo & Rex daher. Diese kunterbunte und verspielte Geschichte zweier Lebemänner auf Achse ist eine Mischung aus Don Quijote, Game of Thrones und Der Herr der Ringe. Im ersten Teil des vorliegenden Bandes (Band 2 soll im Herbst erscheinen) reiten die beiden besten Freunde durch einen verwunschenen Märchenwald, begegnen den einäugigen Spionen des Nekromantenfürsten Unon, der auf Schloss Uno sein Unwesen treibt, sowie der »Magischen Muse Magret«, die nach ihrer Flucht aus jenem Schloss von jenen Spionen gesucht wird. Nach einer durchzechten Nacht kommt es zum Nahkampf zwischen Pimo, Rex und den Spionen, die Magret nach Schloss Uno zurückbringen. Doch die beiden Helden wären keine Helden, würden sie nicht als furchtlose und edle Ritte die Herausforderung annehmen und Unon sowie dessen blasses Heer der Auferstandenen mit Hilfe von Rex’ baldigen Gatten, dem Magier Leopold, in die Schranken verweisen.

Viel weniger heldenhaft zeigt sich Pimo in der zweiten Episode dieses Bandes, als er vor dem Erzbibliothekar Reißaus nimmt, da er nicht weiß, wo er das grüne Buch mit dem faszinierenden Titel »Der goldene Lügner« verlegt hat. Eine vermeintliche Jagd auf Leben und Tod beginnt, die nach viel Aufregung und noch mehr Verzweiflung ein jähes Ende im Traumhaus von Rex und Leopold findet, nachdem letzterer dem Erzbibliothekar das Fürchten lehrt.

Pimo_Rex_Cover
Thomas Wellmann: Pimo & Rex 1. Rotopolpress 2014. 40 Seiten. 14,- Euro. Hier bestellen

Wellmann ist in Erlangen für sein herausragendes Artwort ausgezeichnet worden, und so unbeholfen wie der englische Titel klingt, so passgenau ist diese Auszeichnung. Denn es ist tatsächlich die zeichnerische Kunstfertigkeit und Kreativität, die diese in intensiven Farben gezeichnete Heldensaga zu einem Spektakulum der Comickunst macht. Die Liebhaber des vermeintlich tiefenpsychologischen Genres der so genannten Graphic Novel werden mit diesem schmalen Heft wenig anzufangen wissen, die Fans der Neunten Kunst hingegen schon. Naiv, surreal, fantastisch, frech, witzig, kühn – all das sind hilflose Adjektive, um daran zu scheitern, dieser genialen Bildgeschichte (Wellmanns dritte Comicpublikation) allein mit Worten Herr zu werden. Es bleibt nicht mehr, als die persönliche Inaugenscheinnahme zu empfehlen.

Pimo & Rex stellt eine Herausforderung für unsere Seh- und Lesegewohnheiten dar und steht stellvertretend für eine neue, mutige und von jeder Realität gelösten Comicsprache, wie sie bei deutschen Autoren selten anzutreffen ist, in Frankreich mit Lewis Trondheim längst ihren Meister gefunden hat. Die letzte Doppelseite gibt einen grandiosen Ausblick darauf, was die Lesenden im nächsten Band erwarten könnte. Eine mittelalterlich angehauchte Mythenwelt voller Fantasie- und Fabelwesen, die um die Herrschaft ringen. Pimo und Rex sind auf der Seite nicht zu sehen, aber sie sind sicher schon im Anmarsch, neue Heldentaten anvisierend.

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