Biografie, Klassiker, Literatur, Sachbuch

Die Kultur gerettet…

Der Literaturwissenschaftler Jan Knopf hat ein Schwergewicht der biografischen Recherche vorgelegt. In »Bertolt Brecht. Lebenskunst in finsteren Zeiten« hat er sich mit dem proletarischsten der deutschen Bühnenautoren auseinandergesetzt.

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Jan Knopf: Bertolt Brecht. Lebenskunst in finsteren Zeiten. Hanser Verlag 2012. 560 Seiten. 27,90 Euro. Hier bestellen

Jan Knopf ist hierzulande einer der herausragenden Brecht-Experten. Als Leiter der Karlsruher Arbeitsstelle Bertolt Brecht hat er das Brecht-Handbuch herausgegeben und betreut als Mitherausgeber die kritische Werkausgabe. Nun hat er eine Lücke in der Brecht-Rezeption geschlossen, denn seine Biografie Bertolt Brecht. Lebenskunst in finsteren Zeiten ist – man mag es kaum glauben – die erste umfassende Lebensbeschreibung des Augsburger Buben, den es schon früh in die Welt des Abenteuers und der Konfrontation zog.

Knopf präsentiert den Lesern seiner Biografie einen Brecht mit Ecken und Kanten, Genie einerseits, Wüterich andererseits, Angehimmelter hier und Verabscheuter dort, wortsensibler Schriftsteller und tatradikaler politischer Mensch. Randvoll mit Zitaten und Querverweisen führt diese monumentale Biografie durch Lebens-, Denk- und Werkstationen Bertolt Brechts, deren Linien auf der Oberfläche dieser Darstellung parallel verlaufen, die sich in ihrer Tiefe aber ineinander und mit denen der tragischen deutschen Geschichte verschlingen und verknoten.

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Bertolt Brecht, Helene Weigel: ich lerne gläser + tassen spülen. Briefe 1923-1956. Suhrkamp Verlag 2012. 402 Seiten. 26,95 Euro. Hier bestellen

»Ich kann Dir […] eine wichtige Mitteilung machen: wir haben soeben die Kultur gerettet. Es hat 4 (vier) Tage in Anspruch genommen und wir haben beschlossen, lieber alles zu opfern, als die Kultur untergehen zu lassen.«

Jan Knopf erweist sich als Brecht-Biograf erster Güte, weil er nicht nur Fakten und Jahreszahlen präsentiert, sondern Hintergründe einführt und vertieft, Motive, Anlässe und Beweggründe herausarbeitet, Umstände veranschaulicht und deren Niederschlag in Brechts Werk eindrucksvoll belegt.

Knopfs Biografie kann man über ihre Singularität hinaus übrigens in ein grandioses Verhältnis zu dem ebenfalls kürzlich erschienenen Briefwechsel zwischen Bertolt Brecht und Helene Weigel setzen, der kürzlich in vollem Umfang unter dem Titel ich lerne gläser + tassen spülen erschienen ist.

1 Kommentare

  1. […] Feiglinge, Egozentriker, Wegschauer und Opportunisten, zu denen in seinen Augen Louis Aragon, Bert Brecht, Egon Bahr oder Christa Wolf gehören. »Dissidentisches Denken« heißt bei ihm machtkritisch zu […]

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