Film

Blut zwischen den Zähnen

Produziert von den Machern von »Oldboy« und »Snowpiercer« prangt auf der Hülle des südkoreanischen Hardboiled-Films »The Target«. Der Vergleich mit diesen Meisterwerken hinkt gewaltig, denn der Politthriller ist nicht mehr als ein einfallsloses Remake eines ordentlichen französischen Actionfilms.

In Chang-wook Parks Hardboiled-Meisterwerk Oldboy macht sich ein Mann auf die Suche nach seinen Peinigern. Auf seiner Flucht schnappt er sich seinen Gefängniswärter, um von ihm zu erfahren, wer hinter seiner Entführung und jahrelangen Isolation steckt. Als dieser nicht spricht, zieht er ihm sechs Zähne – mit einem Zimmermannshammer! Man hört das leise Klicken, wenn der Stahl des Werkzeugs den Zahn berührt, sieht den feinen Firniss des am Zahnfleisch hervorquellenden Blutes, bevor die Wurzel nachgibt, und vernimmt schließlich das entsetzliche Geräusch des Ausreißens. Mit dieser Szene, die zugleich von höchster Sensibilität und brutalster Gewalt ist, hat Park Maßstäbe gesetzt, die für alles, was seit dem mit Preisen überschütteten Rachefeldzug an Hardboiled-Kino gedreht wurde, gelten.

Eine Menge Blut zwischen den Zähnen gibt es auch in dem südkoreanischen Politthriller The Target, allerdings nicht aufgrund des wohldosierten Zugs am Hammer, sondern weil hier ordentlich ausgeteilt wird. Hauptakteure sind drei Männer, die unterschiedlicher kaum sein könnten: auf der einen Seite stehen der raubeinige Söldner Bak Yeo-hoon (Ryu Seung-ryong) sowie der freundliche Arzt Lee Tae-joon (Lee Jin-wook), auf der anderen der skrupellose Chef des Bezirkskommissariats eines Seouler Wirtschaftsdistrikts Song Gi-cheol (Yoo Joon-sang) mit seiner willfährigen Truppe.

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The Target. Regie: Chang. Weltkino Verleih GmbH

Zu Beginn des Films wird Yeo-hoon wird mit einer Schusswunde im Bauch in ein Krankenhaus eingeliefert, wo ihm Tae-joon das Leben rettet. Kurz darauf entführt ein Unbekannter dessen hochschwangere Frau Hee-joo, um den Arzt dazu zu bewegen, dem Söldner bei der Flucht aus dem Krankenhaus zu helfen. Denn dort ist inzwischen die lokale Polizei angerückt, die den Verletzten verdächtigt, einen Immobilienbesitzer erschossen zu haben. Mit der Hilfe des Arztes gelingt ihm dennoch die Flucht. Beide werden zu Komplizen in dem erbitterten Kampf gegen die politisch korrupte Elite der Stadtverwaltung.

Was wie eine asiatische Kopie von Fred Cavayés Actionthriller Point Blank – Aus kurzer Distanz klingt, ist auch eine – ohne Variation und kreative Erweiterung. Selbst die unglaubwürdige Szene der für den betroffenen Polizisten folgenlosen Abwehr mithilfe eines Defibrilators ist im Film übernommen. In Momenten wie diesen kippt die Spannung, die der Film durchaus hat, in unfreiwilligen Slapstick um. Warum sich an diesem einfallslosen Remake die Macher von Meisterwerken wie Oldboy und Snowpiercer beteiligt haben, ist ein Rätsel. Einzig die spannungsgeladenen Momente, die rasanten Verfolgungsjagden, knallharten Actionszenen und eben jenes Blut zwischen den Zähnen rettet The Target leidlich, wenngleich auch nur für eingefleischte Fans des Genres.