Alle Artikel in: Literatur

»Ein Berufswechsel wäre das Naheliegendste«

Andreas Jandl (49) übersetzt nicht nur schon eine gefühlte Ewigkeit aus dem Französischen und Englischen, sondern ist auch zweiter Vorsitzender des Verbands deutschsprachiger Übersetzer:innen VdÜ. Er ist Mentor für das Goldschmidt-Programm und erhielt 2021 den Eugen-Helmlé-Übersetzerpreis für sein Gesamtwerk. Doch von Anerkennung allein kann der dreifache Familienvater nicht leben. Die gleichbleibend schlechten Honorare, die Nachwuchslücke und die drohende Altersarmut brächten die Branche in existenzielle Schwierigkeiten.

Katy Derbyshire (51) übersetzt aus dem Deutschen ins Englische. Demnächst erscheint ihre Übersetzung von Judith Hermanns Roman »Wir hatten uns alles gesagt«. | © Nane Diehl

»Die Unesco sollte Literaturübersetzungen fördern«

Katy Derbyshire (51) übersetzt anders herum, also nicht ins Deutsche, sondern aus dem Deutschen ins Englische. Ihre englische Übersetzung von Clemens Meyers Roman »Im Stein« gewann 2018 den Straelener Übersetzerpreis und war für den International Booker Price nominiert. Bei Voland & Quist ist sie für die englischsprachige Reihe V&Q Books verantwortlich. Finanziell profitiert sie davon, dass Honorarverhandlungen im englischsprachigen Raum stärker standardisiert seien, erklärt sie im Interview.

Milena Adam (33) übersetzt aus dem Englischen und Französischen. Zuletzt u.a. Die Horde im Gegenwind von Alain Damasio. | © Stefanie Kulisch

»Übersetzen ist wie Lesen, nur langsamer«

Milena Adam (33) übersetzt aus dem Französischen und Englischen ins Deutsche, von ihr sind in diesem Jahr gleich zahlreiche Übersetzungen erschienen. Wenn Großverlage und Medienkonzerne mit ihren Honoraren Minimalstandards unterlaufen, findet sie das »kackendreist«, die angekündigten Kürzungen für den Deutschen Übersetzerfonds empfindet sie als Hohn. Vom Übersetzen allein kann sie nicht leben, sie setzt auf eine Mischkalkulation mit themennahen Nebenerwerben.

© Thomas Hummitzsch

Was wäre wenn…

Saša Stanišic spielt in seinen kaleidoskopisch angeordneten Erzählungen das Leben auf Probe durch und beweist, dass die Literatur ein Ort des Utopischen ist. Wie kaum ein anderer versteht er es, über die existenziellen Fragen des Lebens nachzudenken und dabei seinen Leser:innen ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern.

Longlist mit fadem Beigeschmack

Die Longlist für den Deutschen Buchpreis ist da und zum zwanzigjährigen Jubiläum präsentiert sie sich in einem Kleid, als wären die letzten zwei Jahrzehnte unverändert am Buchmarkt vorbeigegangen. Die Konzern- und Großverlage dominieren, die unabhängigen Verlage kämpfen um Sichtbarkeit. 

Romane von Alhierd Bacharevic | © Thomas Hummitzsch

»Sprich und sei frei!«

Der belarusische Autor Alhierd Bacharevic feiert in seinem Opus Magnum »Europas Hunde« den Eskapismus und die Kraft des freien Worts. Dass seine besten Romane in Belarus verboten sind, spricht für die erzählerische Kraft ihres Schöpfers.

© Thomas Hummitzsch

Leuchtende Prosa: Jenny Erpenbeck gewinnt International Booker Prize

Erstmals in der Geschichte des International Booker Prize gewinnt eine deutschsprachige Autorin den renommierten Booker Prize für internationale Literatur. Die Jury unter dem Vorsitz der kanadischen Schriftstellerin Eleanor Wachtel zeichnet die englische Übersetzung von Erpenbecks letztem Roman »Kairos« aus. Die Hälfte des mit 50.000 Euro dotierten Preises geht an den Übersetzer Michael Hofmann.

Bücher von Alice Munro | © Thomas Hummitzsch

Geschichten aus dem Blauen heraus

Alice Munro gilt als Meisterin der Short Story. Über ein Dutzend Sammlungen mit Erzählungen hat sie veröffentlicht. 2013 erhielt die »Virtuosin der zeitgenössischen Novelle« den Literaturnobelpreis. Am 13. Mai ist die kanadische Autorin im Alter von 92 Jahren in ihrer Heimat Ontario gestorben. In einem Interview mit dem Magazin »the PARIS REVIEW« sprach sie über ihr Vorgehen beim Schreiben einer Erzählung.

© Thomas Hummitzsch

Stark sein

Die Französin Constance Debré schmeißt erst ihren Job als Anwältin hin, verlässt dann Mann und Kind und kündigt sogar ihre Wohnung, um neu anzufangen. In ihrem autobiografischen Roman »Love me Tender« schreibt sie über den aufreibenden Kampf, dem bürgerlichen Leben eine Absage zu erteilen und dennoch bei sich zu bleiben.

© Thomas Hummitzsch

Ein Haus in Flammen

Paul Murrays Familien-Epos erzählt von einer Familie, die unter dem Druck der zahlreichen Krisen und der Vergangenheit in sich zusammenfällt. »Der Stich der Biene« stand im vergangenen Jahr auf der Shortlist des Booker Prize und gehört zu den mitreißendsten Lektüren des Frühjahrs.

Jenny Erpenbeck für International Booker Prize nominiert

Jenny Erpenbeck hat es mit ihrem englischen Übersetzer Michael Hofmann auf die Shortlist für den International Booker Prize geschafft. Die Berlinerin ist in der englischsprachigen Welt äußerst erfolgreich, manche sehen in ihr bereits eine kommende Nobelpreisträgerin. Mit dem renommierten Preis wird der beste Roman aus dem nicht englischsprachigen Ausland ausgezeichnet.