Film

Ein gewagtes Spiel mit dem Genre

Adam Driver und Bill Murray in Jim Jarmuschs Zombie-Persiflage »The Dead Don't Die« | © Universal/ARTHAUS

Nach der Vampirkomödie »Only Lovers left alive« widmet sich Jim Jarmusch erneut der Welt der Untoten. Seine cineastische gelungene Alternative zum Hochglanzhorrorkino ist filmpolitisch jedoch zumindest umstritten.

Man stelle sich eine Welt vor, in der die USA an den Polarkappen derart hemmungslos nach Öl bohren, dass sich die Erdachse verschiebt. Im neuen Film von Amerikas Indie-Regie-Ikone Jim Jarmusch – bekannt mit Filmen wie »Paterson«, »Only Lovers Left Alive«, »Broken Flowers«, »Coffee and Cigarettes« oder »Stranger Than Paradise« – gerät die beschauliche Welt von Cliff Robertson und Ronald Peterson wegen einer solchen Umweltkatastrophe aus den Fugen. Das Bohren in der Tiefe weckt in Centerville, der Kleinstadt, in der die beiden für Recht und Ordnung sorgen, dunkle Kräfte. Als die Sonne verschwindet und die Stadt in einer ewigen Nacht versinkt, steigen die Untoten auf dem örtlichen Friedhof aus ihren Gräbern. Durstig nach Menschenblut, Kaffee und Chardonnay fallen sie über die 738 Einwohner der Kleinstadt her, die sich mit Macheten und Schrotflinten zur Wehr setzen.

Jarmuschs Zombie-Apokalypse ist bestes ironisches Genre-Kino. Inspiriert von George Romeros Horrorfilm »Die Nacht der lebenden Toten«, den Jarmusch mit einem 68er Pontiac Le Mans zitiert, zeigt der New Yorker Filmemacher, dass es eine cineastische Arthouse-Alternative zum Hochglanz-Make-Up-Kino à la »The Walking Dead« gibt. Und solange das einfach nur aus Freude zum Kino geschieht, ist das wunderbar.

The Dead Don't Die – Universal Pictures
The Dead Don’t Die – Universal Pictures

Allerdings soll der klassische Horror von »The Dead Don’t Die« durch Anspielungen auf die Gegenwart gesteigert werden. Und hier bleiben die Bezüge leider unklar, so dass man nicht behaupten kann, dass es Jarmusch um Zeitkritik im Sinne der Fridays-for-Future-Bewegung oder des Anti-Trump-Lagers geht – wenngleich all das irgendwie vorkommt. Ihm und seiner Crew war wohl eher der Spaß an der Sache ein Anliegen.

Jim Jarmusch: The Dead Don’t Die. Mit Bill Murray, Adam Driver, Tilda Swinton, Steve Buscemi, Iggy Pop, Selena Gomez, Tom Waits. 104 Minuten. FSK: 16

Dabei profitiert sein vierzehnter Film vor allem von dem eindrucksvollen Cast. Bill Murray und Adam Driver harmonieren als lakonisches Polizistenduo, Tilda Swinton brilliert als überirdische Bestatterin mit Kill-Bill-Allüren und Steve Buscemi glänzt als zorniger Trumpianer. Dazu kommt Jarmuschs Begeisterung für die Musik, weshalb Iggy Pop einen kaffeesüchtigen Zombie geben darf, Selena Gomez einen Auftritt als scharfe Hipsterbraut hat und Tom Waits einen eigensinnigen, aber weisen Waldläufer mimt, der gewissermaßen auch der Erzähler des Ganzen ist.

Für sich gesehen ist dieser Film ein Genuss. Dazu trägt auch Jarmuschs Kameramann Frederick Elmes bei, der erneut eine fantastische Arbeit geleistet hat. Die Abbildung der ungeschminkten Toten ist Horror pur. Einzig die Moral hinkt wie ein Untoter. Denn Zombie-Geschichten sind normalerweise Zeitgeistgeschichten. Diese hier soll wohl die USA unter Donald Trump popkulturell persiflieren. Dann wären die Zombies die totgeglaubten White Supremacists, die mit Trump nicht nur aus ihren Löchern gekrochen sind, sondern gegen die auch kein wirkliches Kraut gewachsen scheint. Dies als Horror-Komödie zu inszenieren, ist zumindest ein gewagtes Spiel.

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