Comic

Asterix ist wieder da. Und wie!

Endlich sind sie wieder da, die Ga-Ga-Gallier. Das neue Autorenteam Jean-Yves Ferri und Didier Conrad hat mit »Asterix bei den Pikten« den alten Charme und Witz der ersten Alben wiederbelebt und neue Akzente gesetzt.

Nun sind es 35. Mit Asterix bei den Pikten sind die gezeichneten Geschichten der gallischen Helden um Asterix und Obelix um eine weitere Geschichte reicher. Während kritische Stimmen davon sprechen, dass in den vergangenen zwanzig Jahren zwar auch weitere Alben erschienen, diese jedoch nicht wesentlich den Asterix-Kosmos erweitert haben, ist dies nun anders. Die Wiederbelebung der Serie mit dem neuen Autorenteam Jean-Yves Ferri – bekannt aus der Kooperation mit Manu Larcenet und dessen Serie Rückkehr aufs Land – und Didier Conrad – neben vielen anderen Serien u.a. für Die weiße Tigerin verantwortlich – hat funktioniert. Mit Ferri und Conrad fand man nicht nur zwei innerhalb und außerhalb des Comicuniversums angesehene Köpfe, sondern stellte zugleich auch wieder die Urkonstellation von Autor und Zeichner her, die seit dem frühen Tod von René Goscinny 1977 zerstört war. Szenarist Ferri übernimmt mit diesem Heft den Part des intellektuellen Geistes Rene Goscinny, Conrad ersetzt Albert Uderzo, der bis zuletzt die Hefte allein verantwortet hat. Im Frühjahr trat er beim 40. Comicfestival im französischen Angoulême als König des Mediums von der Bühne. Nach 34 Asterix-Heften ging eine Ära zu Ende, die mit einer großen Retrospektive beim Comicfestival sowie mit einer Schau in Frankreichs Nationalbibliothek würdevoll ausklang.

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Jean-Yves Ferri, Didier Conrad: Asterix bei den Pikten. Aus dem Französischen von Klaus Jöken. Egmont Comic Collection 2013. 48 Seiten. 12,- Euro (Hardcover) | 6,50 Euro (Softcover). Hier bestellen

Das neue Abenteuer bringt Asterix und Obelix einmal mehr auf die britische Insel, um genau zu sein nach Schottland. Der Grund ist der tiefgekühlte Schotte Mac Aphon, der in einen Eisblock eingesperrt an den Strand der Gallier gespült wird. Er ist Opfer einer Intrige um den Königsstuhl der Pikten geworden, deren unterschiedliche Stämme – es gibt neben Grünpikten, Buntpikten und Rotbauchpikten auch die Blautüpfelpikten, Weißkittelpikten, Blütenpikten, Möwenpikten und die kleinkarierten sowie viele mehr – noch zerstrittener zu sein scheinen, als sämtliche Gallier. Der schändliche Mac Abberh – der in seiner Gestalt an den Seher aus dem gleichnamigen Heft Nummer 20 erinnert – will nicht nur mit Hilfe der Römer den Thron der Pikten erobern, sondern auch noch Mac Aphons große Liebe Camilla zwangsehelichen. Wenn das keine Konstellation ist, die für die gallischen Helden wie gemacht ist. Und auf geht’s ins Abenteuer, in dem wir natürlich den ebenso bedauerns- wie liebenswerten Piraten als auch den spinnerten Römern begegnen.

Welche Bedeutung die Erscheinung des neuen Albums hat, machen ein paar Zahlen deutlich. Von den 34 Vorgängerheften wurden weltweit über 360 Millionen Exemplare verkauft. Keine andere Comic-Serie kennt einen solchen Erfolg. Die französische Auflage startete mit unfassbaren 1,85 Millionen Exemplaren. Da wirken die deutschen Zahlen fast winzig, wenngleich sie für den hiesigen Comicmarkt gigantisch sind. Das neue Heft ging hierzulande innerhalb von drei Tagen fast 50.000 Mal über den Ladentisch, weitere 60.000 sind bereits vorbestellt und die dritte Auflage wird bereits produziert.

Ferri und Conrad haben mit dieser Geschichte den großen Sprung gewagt, denn sie haben sich herausgewagt aus dem geschützten Rund des kleinen gallischen Dorfes und lassen den Großteil der Geschichte in einer fremden Welt spielen. Sie brechen mit einigen vermeintlichen Grundregeln der Erzählung und befreien die Heldensaga damit aus ihrem zu eng gewordenen Korsett. Obelix’ Kompagnon und heimlicher Held Idefix muss zuhause bleiben und wird von einem sympathischen Monster namens Fafnie ersetzt. Der Dorfsänger Troubadix erfährt angesichts seiner bisherigen Biografie erstaunliche Sympathien, in seine Trottelrolle springt ein römischer Volkszählungsbeamter. Ferner erfinden die Autoren mit der Pikten-Gesellschaft ganz nebenher eine Parallelwelt des gallischen Chaos. Gleichzeitig bleiben die identitären Bereiche des Asterix-Kosmos, etwa die ständigen Prügeleien untereinander, die emanzipierten Töne der gallischen Gattinnen sowie das traditionelle Abschlussbankett, erhalten. Auffällig ist die Gereiztheit von Asterix und Obelix, die jeweils recht anlasslos aneinandergeraten. Aber vielleicht ist das auch nur ein kleiner Verweis auf die Anspannung unserer Gesellschaft.

Asterix bei den Pikten ist nach Jahren des Stillstands ein enormer Fortschritt, als wäre das Autorenteam gemeinsam in Siebenmeilenstiefel gesprungen. Der herzergreifende und kluge Humor Goscinnys findet sich hier ebenso wieder, wie die einfallsreiche Dynamik der frühen Zeichnungen Uderzos, ohne das man als Leser das Gefühl hätte, hier würde kopiert. An den ein oder anderen leicht veränderten Strich bei der Gestaltung der Charaktere der gallischen Großfamilie muss man sich gewöhnen, was die Aufmerksamkeit, die man mit diesem Heft der Asterix-Serie endlich wieder widmet, nur zusätzlich schärft. Und dass der hehre Anspruch, mit Sprach- und Bildwitz eine Kulturgeschichte zu erzählen, endlich von dem Staub der letzten Jahre befreit wird und wieder zur Entfaltung kommen kann, erhöht das Vergnügen umso mehr. Beim Teutates!

Die offizielle Asterix-Website: www.asterix.de

6 Kommentare

  1. […] die Mancini auf seiner Flucht in eine andere Welt hinterlassen hat. Darin eingebettet sind die (von Jean-Yves Ferri gezeichneten) Comicstrips eines Borderline-Eisbären, die Mancini in der Zeitung liest. Und in […]

  2. […] denen man sagen könnte, dass sie den europäischen Comic »erfunden« haben. Sicherlich gehören René Goscinny und Albert Uderzo, die Schöpfer von »Asterix«, dazu. Gewiss auch Hergé, der mit »Tim und Struppi« die Ligne Claire etablierte. Ebenso sicher […]

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