6. DIDI & STULLE – DIE GESAMTAUSGABE
»Wer nie gejobbt hat, ist ein Schwein«, schreibt der Berliner Comiczeichner und Entertainer Fil alias Philip Tägert im ersten der insgesamt drei Bände seiner gesammelten Didi & Stulle-Geschichten. Weil er immer gejobbt hat, ist er kein Schwein, seine beiden Antihelden sind es aber schon. Sowohl das monströse Warzenschwein Dieter Kolenda als auch sein zart besaiteter Schweinekumpel Andreas Stullkowski schmarotzen sich durchs Leben. Sie sind die Protagonisten dieser skurrilen Possen vom sozialen Rand, in denen sie sich über weltpolitische und soziale Fragen in Rage berlinern oder ihre Männlichkeitsideale und sexuellen Phantasien austauschen. Dass dabei Didis verdeckte Homosexualität immer wieder zutage tritt und Stulle meist Didis schlagenden Argumenten (und den daraus resultierenden blauen Flecken) unterliegt, gehört zu den Running Gags dieser legendären Serie, die einen gewichtigen Teil der Berliner Stadtkultur darstellt. Mal abgesehen davon, dass diese Kult(ur)geschichten immer wieder brüllend komisch sind, ist die Serie vor allem eine großartige Zeit- und Milieustudie, wie sie die Literatur für das Berlin der Neunziger noch nicht hervorgebracht hat.
7. MADGERMANES
Die in München geborene und in Ostafrika aufgewachsene Comiczeichnerin Birgit Weyhe erzählt in ihrem neuen und mit zahlreichen Preisen ausgezeichneten Comic die verdrängte Geschichte der Mosambikaner, die in den achtziger Jahren in der DDR gelebt und gearbeitet haben. Dieses verdrängte historische Kapitel wird von drei fiktiven Figuren erzählt, die Weyhe aus den recherchierten Fakten und Details zusammengesetzt hat. Dabei finden der sensible Kulturliebhaber José, der fidele Lebemann Basilio und die selbstbewusste Annabella ganz unterschiedliche Antworten auf die Frage, was Erinnerung ist. Weyhe hat für diese universelle Geschichte der Suche nach Herkunft und Identität eine sensationelle Bildsprache gefunden, in der sie die traditionelle afrikanische Kunst mit dem naiven Realismus der kommunistischen Ikonografie zusammenführt. Mit diesem visuellen Trommelwirbel verneigt sich Weyhe vor den Traditionen der afrikanischen Kultur, ohne jemals Gefahr zu laufen, in Exotismus und Kolonialismus abzugleiten. Madgermanes ist Bilderpoesie de luxe, Weyhes Stil abwechslungsreich, vielschichtig und wohltemperiert. Sie beweist, dass sie die Mittel des Mediums in Perfektion beherrscht.
8. PANTER
Der 30-jährige belgische Comickünstler Brecht Evens ist eines der vielversprechendsten Talente seiner Generation. Sein neuer Comic beweist dies eindrucksvoll. Darin spielt er mit allem, was die Neunte Kunst zur Verfügung stellt. Im Mittelpunkt seines dadaistischen Märchens steht die zehnjährige Christin, deren Katze auf den ersten Seiten stirbt. Danach erscheint ihr ein wunderliches Wesen, das sich als Kronprinz von Panterland vorstellt. Dieser falsche Panter erschleicht sich das Vertrauen des Mädchens, indem er sich wie ein Chamäleon an dessen Launen anpasst. Grandios gelungen ist seine Wandlungsfähigkeit, der Manipulationsdrang ist ihm akkurat ins Gesicht und auf den Pelz gezeichnet. Er entführt Christin hinterhältig in ein zunehmend düsteres Labyrinth aus Wünschen, Träumen und Fantasmagorien, aus dem es kein Entrinnen gibt. Frei bedient sich Evens in der expressionistischen Farb- und Formlehre, um möglichst nah an die Seelenzustände seiner Figuren heranzukommen. Die Angst ist hier ein schwarzer Schatten, der sich langsam in die Kinderseele bohrt. Panter ist ein rauschendes Fest der Farben und der Formen, dessen dunklem Zauber man sich auf keiner Seite entziehen kann.
9. HAWKEYE MEGABAND 3. DAMALS UND MORGEN
Clint Barton und Kate Bishop sind die Normalos unter den Superhelden, die im Namen der Shield-Agentur weltweit für Sicherheit sorgen. Superkräfte haben sie keine, dafür sind sie aber Könige im Umgang mit Pfeil und Bogen. Die preisgekrönte Serie von Starautor Matt Fraction (X-Men, Iron Man, Sex Criminals) und Zeichnergenie David Aja (Daredevil) ergänzt den übervollen Superheldenkosmos des Marvel-Imperiums um zwei sympathisch eigensinnige Figuren, die in ihrer Freizeit das Haus, in dem Clint wohnt, gegen skrupellose Investoren verteidigen. »Das sieht übel aus«, heißt es zu Beginn jedes neuen Abenteuers und schon ist man mitten im Strudel der Ereignisse. Der dritte Megaband ist geprägt von einer beständigen Parallelhandlung, die die aufwühlende Gegenwart rund um drei Inhuman-Kinder mit der Vergangenheit und Zukunft von Clint und Kate verbindet. Die Serie überzeugt vor allem in ihrer grafischen Umsetzung durch David Aja, der, um auf unterschiedlichen Ebenen zu erzählen, seine klaren Zeichnungen immer wieder mit Gebrauchsgrafiken versieht oder auf verwaschene Tuschezeichnungen zurückgreift.
10. HELLBOY. DIE TODESKARTE
Nach 25 Jahren schließt Comiclegende Mike Mignola seine revolutionäre und hierzulande teils vergriffene Höllenserie (die in drei Kompendien komplett neu aufgelegt wird) mit diesem Band ab. Darin kehrt der gehörnte Titelheld als Untoter in Luzifers Reich zurück, um sich dort seinem letzten Kampf zu stellen. Gestorben und doch nach Heilung suchend wendet sich der teuflische »Klempner unter den Superhelden« an zwei inkompetente Doktoren, die ihn tief in die Hölle stoßen. Dort erkundet er die Geografie von Dantes Höllenkreisen. Die skurrilen Kartografen, auf die er dabei stößt, sind ihm keine Hilfe. Als ihn dann auch noch seine längst verstorbene Schwester heimsucht und des Mordes anklagt, scheint es vollends um ihn geschehen. In einem finalen Kampf löst er die unumkehrbare Zerstörung des pandämonischen Reiches aus, indem er die Höllenfeuer in Satans Blut erstickt. Am Ende wird man Zeuge, wie er als brennender Riese die Grenzen des Totenreiches überschreitet und den aus der Tiefe aufsteigenden Leviathan ebenso zertrümmert wie Behemot, den Herrscher der Unterwelt. Dieses höllische Finale ist der verdiente Höhepunkt eines seriellen Meisterwerks, das in der Comiclandschaft seinesgleichen sucht.
[…] um das Ganze zu fassen zu kriegen. Seine Trilogie schließt an die Krise des Peronismus an, die Héctor German Oesterheld in seinem allegorischen SciFi-Comicklassiker »Eternauta« mit überwältigender Bildgewalt verarbeitet […]
[…] der jungen Comiczeichner) die kanadische Comicszene in den Neunzigern wachgeküsst hat. Nachdem Art Spiegelman und Robert Crumb in den USA die Underground-Comix groß gemacht und die Neunte Kunst mit Farb- und […]
[…] hat mich sicher Daniel Clowes beeinflusst, der wiederum mit David Lynch vergleichbar ist. Alan Moore hat bahnbrechende Comics […]
[…] man sich die frühen Versuche an, dann erinnert manches an Christoph Niemann, anderes an Lewis Trondheim. Am 24. Februar 2019 postete er ein Bild, das an Robert Crumbs […]
[…] des in Neukölln lebenden Cartoonisten. Mit seinen Strips trat er bei der ZITTY die Nachfolge von Fil und dessen legendärer »Didi und Stulle«-Serie an und konnte die Lücke füllen. Inzwischen zeichnet er für den tip, aber auch für Stern, […]
[…] Die Vielfalt dessen, was Freiheit ist, fängt auch die neue Ausgabe des Spring-Kollektivs ein. In diesem versammeln sich Autorinnen, Comiczeichnerinnen und Illustratorinnen, die sich immer wieder einzelne Phänomene des Alltags herausgreifen und diese Jahr für Jahr bebildern. Die letzten Ausgaben beschäftigten sich mit Gespenstern, Sex, Arbeit, Zukunft und dem oft zitierten »Elephant in the Room«. […]
[…] reduzierte Strich erinnert an Chris Ware oder Adrian Tomine. Dazu kommt die fragmentierte Erzählform, der ständige Wechsel zwischen denen, die sich einigeln […]
[…] kannte die Arbeiten von Zeina Abirached und hatte schon seit langem Lust, etwas für einen Comic zu schreiben. Zeina und ich haben viele […]
[…] könnte ich immer weitermachen: Daniel Clowes, Chris Ware, Chester Brown, Robert Crumb bis hin zu Künstlern wie Edward Hoppy. Ich käme […]
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