Literatur, Roman

Pulitzer Preis für den besten Roman erstmals doppelt vergeben

Pulitzerpreisroman »Treue« von Hernan Diaz | © Thomas Hummitzsch

Die Pulitzer-Jury hat entschieden, den Belletristik-Preis erstmals an zwei Autor:innen zu vergeben. Barbara Kingsolver und Hernan Diaz erhalten in diesem Jahr für ihre aktuellen Romane den renommierten Pulitzer Preis.

Der amerikanische Autor Hernan Diaz erhält für seinen zweiten Roman »Treue«, in der Übersetzung von Hannes Meyer im Herbst letzten Jahres erschienen, den renommierten Preis. Diaz lege mit der Geschichte um Benjamin Rask eine »komplexe Untersuchung von Liebe und Macht in einem Land, in dem der Kapitalismus regiert« vor, begründete die Jury. »Treue« sei »ein fesselnder Roman«, der in einem vergangenen Amerika spielt und mittels verknüpfter Erzählungen in verschiedenen literarischen Stilen von Familie, Reichtum und Ehrgeiz erzählt.

Hernan Diaz: Treue. Aus dem Englischen von Hannes Meyer. Hanser Verlag 2022. 416 Seiten. 27,- Euro. Hier bestellen.

Diaz wurde 1973 in Argentinien geboren, wuchs in Schweden auf und studierte in Buenos Aires und London. Heute lebt er in New York. Bereits sein Debütroman »In der Ferne« war 2018 für den Pulitzer Preis und den PEN/Faulkner Award nominiert. Seine Romane erscheinen in der deutschen Übersetzung von Hannes Meyer bei Hanser Berlin.

»Treue« ist hierzulande zum Teil hymnisch besprochen worden, nicht nur aufgrund des lebendigen Storytellings, sondern auch aufgrund des poetologischen Konzepts. Diaz erzählt seine Geschichte über Liebe in Zeiten des Kapitalismus in vier stilistisch völlig unterschiedlichen Teilen. Basis bildet ein 1938 erschienener Roman über den Aktienspekulanten Benjamin Rask und seine psychisch kranke Frau Helen, der mit den Memoiren von Andrew Bevel verflochten wird. Bevels Lebensgeschichte ist der im Roman geschilderten Erzählung zum Verwechseln ähnlich. Die anderen beiden Teile bestehen aus den Erinnerungen einer Journalistin, die mit Bevel zusammengearbeitet haben soll und dem in einer Nervenklinik verfassten Tagebuch von Helen Rask.

Barbara Kingsolver: Demon Coperhead. Harper Collins 2022. 560 Seiten. 32,50 $. Hier bestellen.

Neben Diaz erhält auch die US-Autorin Barbara Kingsolver den mit 15.000 US-Dollar dotierten Preis. Die Jury zeichnet ihren aktuellen Roman »Demon Copperhead« aus, eine »meisterhafte Neuinterpretation« von Charles Dickens Klassiker »David Copperfield«. Erzählt wird die alternative Copperfield-Geschichte von einem Jungen aus den Appalachen, »dessen weise, unerschütterliche Stimme von seiner Erfahrung mit Armut, Sucht, institutionellem Versagen und moralischem Zusammenbruch sowie seinen Bemühungen, sie zu überwinden« erzählt, begründete die Jury ihre Entscheidung.

Die 1955 in Annapolis geborene Autorin hat bereits über ein Dutzend Romane geschrieben und war bereits mehrmals für den PEN/Faulkner-Award und den Pulitzer Preis nominiert. Einige ihrer Romane sind in deutscher Übersetzung erschienen, jedoch nur noch antiquarisch erhältlich. Zuletzt erschien 2014 ihr Roman »Das Flugverhalten der Schmetterlinge« in der Übersetzung von Sylvia Spatz bei C. Bertelsmann. Ihr 2018 erschienener Roman »Unsheltered« wurde nicht übersetzt.

Die deutschsprachige Ausgabe von »Demon Copperfield« erscheint 2024 in der Übersetzung von Dirk van Gunsteren als internationaler Spitzentitel bei dtv. Verlagssprecher Thomas Zirnbauer wird im aktuellen Börsenblatt zitiert, dass auch weitere deutschsprachige Erstausgaben im Verlag erscheinen sollen.

Ebenfalls nominiert war neben Kingsolver und Diaz die Journalistin Vauhini Vara mit ihrem Klimawandel- und Kolonialismusroman »The Immortal King Rao«.

Diaz und Kingsolver folgen Joshua Cohen, Louise Erdrich und Colson Whitehead, die in den vergangenen drei Jahren mit ihren Romanen »Die Netanjahus« (in der Übersetzung von Ingo Herzke bei Schöffling & Co erschienen), »Der Nachtwächter« (in der Übersetzung von Gesine Schröder bei Aufbau erschienen) und »Die Nickel Boys« (in der Übersetzung von Henning Ahrens bei Hanser erschienen) ausgezeichnet wurden. Der Pulitzer Preis wird als Medienpreis in verschiedenen Kategorien seit 1917 vergeben, der Belletristik-Preis für den bedeutendsten amerikanischen Roman wird seit 1948 vergeben. Vier Autoren (Booth Tarkington, William Faulkner, John Updike, Colson Whitehead) haben den Preis jeweils zweimal erhalten.