Alle Artikel mit dem Schlagwort: Didier Eribon

© Thomas Hummitzsch

Stark sein

Die Französin Constance Debré schmeißt erst ihren Job als Anwältin hin, verlässt dann Mann und Kind und kündigt sogar ihre Wohnung, um neu anzufangen. In ihrem autobiografischen Roman »Love me Tender« schreibt sie über den aufreibenden Kampf, dem bürgerlichen Leben eine Absage zu erteilen und dennoch bei sich zu bleiben.

Lektionen und Exkursionen zu Franz Kafka

»Irgendwann einmal wird man wissen, warum in unserem Jahrhundert soviel große Künstler so viele unlesbare Werke geschrieben haben. Und warum diese unlesbaren und ungelesenen Bücher wunderbarerweise dennoch Einfluß auf das Jahrhundert ausübten und berühmt sind«, notierte Witold Gombrowicz in seinem Tagebuch nach der Lektüre von Franz Kafkas Roman »Der Prozess«.

Les Années Super 8 | © Majority Production

Cannes zeigt Ernaux-Dokumentation

»Les Années Super 8« hat die französische Autorin gemeinsam mit ihrem Sohn aus privaten Aufnahmen zusammengeschnitten. Der essayistische Film, der ihr umfangreichstes Werk auf die Leinwand überträgt, wird beim Internationalen Filmfestival in Cannes in der kommenden Woche in der Nebenreihe »Quinzaine des Réalisateurs« gezeigt und startet im Dezember in den französischen Kinos. Im Herbst erscheint in Deutschland ein neuer Text der von Annie Ernaux.

Prosa von Edouard Louis | Foto: Thomas Hummitzsch

Literatur »für uns« ganz unten

Der französische Shootingstar Édouard Louis schrieb erst über die Flucht aus den Verhältnissen von Gewalt und Armut. Inzwischen erkennt er die tiefergehenden Folgen dieser Erfahrung bei seinen Eltern. Mit seinen schmalen Elternbänden nähert er sich nicht nur seinen Eltern an, sondern legt die Verachtung der Armen und Chancenlosen in seinem Land schonungslos offen.

Bewegung nach rechts

Alice Diop fühlt bei der digitalen Berlinale der Grande Nation auf den Zahn. Für ihr Gesellschaftsporträt »Nous« hat die Tochter senegalesischer Einwanderer Franzosen getroffen, die an der Pariser Vorstadtlinie RER B leben.

Filmstill aus »Ray & Liz« von Richard Billingham | Foto: Rob Baker Ashton

Ganz unten

Der britische Fotograf Richard Billingham erzählt in seinem Filmdebüt »Ray & Liz« die erbärmliche Geschichte seiner Familie. Seine Bebilderung der Verhältnisse ist kompromissloser als Ken Loachs »Ich, Daniel Blake« und reflektierter als Fatih Akins »Der Goldene Handschuh«.

Tiefenschicht

Ein Bericht aus den Untiefen sozialer Schichten als belletristischer Erfolg? J.D. Vance ist es mit seinem autobiographischen Bericht »Hillbilly-Elegie« gelungen. Die Geschichte seiner Familie und einer Gesellschaft in der Krise ist kritisch, einfühlend, verweigert sich aber vorschnellen Vorurteilen.

Die Toleranz, die keine ist

Didier Eribon hat mit »Rückkehr nach Reims« das Buch zur Stunde geschrieben. Er blickt darin auf das Leben seiner entfremdeten Eltern, die sich von den vereinigten Proletariern aller Länder ab- und den Rechtspopulisten zugewendet haben. Wer den gesellschaftlichen Rechtsruck in Europa verstehen will, findet hier wichtige Erklärungsansätze. Denn statt sich in die eigene Blase zurückzuziehen, braucht es eine Auseinandersetzung mit dem Leben der kleinen Leute.