Cineastische Beiträge aus dem Iran beeindrucken bei der Berlinale seit Jahren. Das ist auch in diesem Jahr nicht anders. Mohammad Rasoulofs beeindruckender Spielfilm »There Is No Evil« schließt den Wettbewerb. Die Uraufführung musste in Abwesenheit des Regisseurs erfolgen.
Woran kann man erkennen, wer gut und wer böse ist? Liegt es im Blick oder im Verhalten, im Familienstand oder im Beruf? Das sind natürlich rhetorische Fragen, die keine eindeutige Antwort zulassen, schon gar nicht, wenn man Mohammad Rasoulofs in vier Teilen erzählte Parabel über das Gute und das Böse gesehen hat.
Die Suche nach dem Guten und dem Bösen ist insbesondere in Gesellschaften wie der iranischen immer auch eine politische Sache. Und was das engagierte iranische Kino bei der Berlinale betrifft, kann sein Landsmann Jafar Panahi ein Lied singen. Mehrfach für sein kritisches Werk ausgezeichnet durfte er den Iran nicht mehr verlassen und nur noch heimlich seinem Beruf nachgehen. So weit ist es bei dem iranischen Regisseur Rasoulof noch nicht. Der mehrfach bei den Filmfestspielen in Cannes ausgezeichnete Filmemacher hat noch kein Berufsverbot, das Land darf er aber seit 2017 schon nicht mehr verlassen.
Entsprechend musste die Uraufführung seines Films ohne ihn erfolgen. Rasoulof äußerte sich dazu in einem Statement wie folgt:
»Es tut mir leid, dass ich nicht nach Berlin kommen kann, um meinen Film gemeinsam mit dem Publikum zu sehen. Das Recht darauf, selbst über meine An- oder Abwesenheit zu entscheiden, ist mir nicht gegeben. Die Durchsetzung solcher Restriktionen verrät die intolerante und despotische Haltung der Iranischen Regierung nur allzu deutlich.«
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Als Jafar Panahi 2011 als Jurymitglied nach Berlin eingeladen wurde, durfte er den Iran nicht verlassen. Damals stellte man aus Protest einen leeren Stuhl auf die Bühne. Bei der Pressekonferenz zu Rasoulofs Film war das schon genauso, und es kann sein, dass das bei der heutigen Preisverleihung erneut passiert, denn »There Is No Evil« gehört zu den packenden Höhepunkten in einem recht ausgeglichenen Wettbewerb.
Im Film werden vier Geschichten erzählt, die alle in einem Teheraner Gefängnis, mutmaßlich dem berüchtigten Evin-Gefängnis zusammenlaufen. Da ist etwa der Soldat Pouya, der wie seine Kameraden während des Militärdienstes hier abgestellt ist, um den zum Tode Verurteilten den Stuhl unter den Füßen wegzuziehen, wenn sie gehängt werden sollen. Doch Pouya will niemanden umbringen. Es ist ein Dilemma, denn wenn er sich weigert, gilt das als Befehlsverweigerung und er wird selbst zum Fall für den Richter.
Javad ist Pouyas Kamerad, der seine Geliebte an ihrem Geburtstag überraschen will. Um drei Tage frei zu bekommen, geht er seinem Dienst geflissentlich nach. Als er auf dem Hof seiner Freundin in den Bergen über Teheran ankommt, ist er es, der eine Überraschung erlebt.
Bahram lebt zurückgezogen auf dem Land, als Arzt hilft er seinen Freunden und Nachbarn. Es ist ein ruhiges Leben, das erst durcheinander gerät, als ihn seine Nichte besucht. Und welches Doppelleben führt eigentlich Heshmat, von dem man zunächst nur sieht, wie er sich fürsorglich um seine Familie kümmert?
In kafkaesken Geschichten geht Rasoulof den Schicksalen seiner Figuren nach, um zu ergründen, wo sie im Leben stehen. Dabei unterläuft er geschickt die Erwartungen des Betrachters, verwirrt durch überraschende Wendungen und wirft moralische Fragen auf. Während Panahi sich in seinen Filmen ganz einer realistischen Betrachtung verschreibt und Mani Haghighi eher surreale Perspektiven einnimmt, betrachtet Rasoulof seine Gesellschaft quer durch die tragische iranische Geschichte.
»There is no Evil« zeigt, wie die moralische Entscheidungen die Menschen prägen und ihrem Leben eine Richtung geben – ob sie wollen oder nicht. Die Vorstellungen von Gut und Böse, mit denen man als Betrachter ins Kino gegangen ist, lösen sich während des Films zunehmend auf und werfen die Frage auf, wie man sich selbst in einer solchen Situation verhalten und seine Würde bewahrt hätte. Und genau für solche Fragen ist Kino da.
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