Film

22 aufschlussreiche Filme über Rassismus

Filmstill aus »Through a lens darkly« von Thomas Allen Harris | © "Yo Mama's Pieta, 1996" Courtesy of Renee Cox.

Rassismus kann nur verstehen, wer ihn erlebt oder sich mit ihm auseinandersetzt. Alle, die das Glück haben, Rassismus und Ausgrenzung nicht am eigenen Leib erfahren zu müssen, finden in diesen Filmen über Rassismus in den USA, Europa und Deutschland ausreichend Anschauungsmaterial, um sich mit diesem menschlichen Abgrund zu konfrontieren und daraus zu lernen.

Raoul Peck: I’m not your Negro
1979 beginnt der amerikanische Autor James Baldwin ein Buch über die Jahre 1963 bis 1968 zu schreiben, die ihn besonders prägten. In diesen fünf Jahren wurden Malcolm X, Martin Luther King jr. und Medgar Evers erschossen. Raoul Peck hat Baldwins Reflektionen und Interventionen verfilmt und zeigt, was die damals wie heute bestehenden Verhältnisse über die amerikanische Nation aussagen. Sein Dokumentarfilm ist ein Monument des politischen Kinos. Hier unsere ausführliche Kritik.


Spike Lee: BlacKkKlansman
Das enfant terrible des Black New Cinema erzählt in seinem jüngsten Film die unglaubliche Geschichte von Ron Stallworth, der Ende der sechziger Jahre eine Ku-Klux-Klan-Zelle unterwandert – als Schwarzer wohlgemerkt. Mit Witz und Leichtigkeit stellt Lee die rechtsextremen, antisemitischen und sexistischen Muster der konservativen amerikanischen Gesellschaft in all ihrer Lächerlichkeit bloß. Ein Geniestreich! Hier unsere ausführliche Kritik.


Denzel Washington: Fences
Was richtet die Erfahrung des Rassismus in einem einzelnen Menschen an? Denzel Washington erzählt davon in seinem Drama eindrucksvoll. Troy Maxson hätte Karriere als Baseballspieler machen können, wäre er nicht schwarz. Statt dass ihm Pittsburg zu Füßen liegt, wirft sie ihm ihren Müll nach. Wut und Frust fressen den Familienvater auf und er wird vom Opfer zum Täter. Brutal ehrlich!


Benh Zeitlin: Beasts of the Southern Wild
Der Star in diesem ebenso bezaubernden wie verstörenden Fantasy-Film ist die sechsjährige Hushpuppy, die mit ihrem Vater in den Sümpfen Louisianas lebt. Als dieser schwer erkrankt, ist sie auf sich allein gestellt. Dann kommt ein Sturm auf, der die vertraute Umgebung in eine dystopische Landschaft verwandelt. Eine umwerfende Allegorie auf den Kampf ums Überleben.


Burhan Qurbani: Berlin Alexanderplatz
In Burhan Qurbanis bildgewaltiger Adaption von Alfred Döblins berühmten Roman schlüpft ein afrikanischer Migrant in die Rolle des Franz Biberkopf, der in Berlin neu anfangen möchte. Mehr und mehr gerät Francis dabei auf die schiefe Bahn, doch am Ende muss er teuer dafür bezahlen. Durch die Verortung des Döblin’schen Neuanfangs in der Migrantenszene erhält der Film, getragen von einem überwältigenden Cast, etwas Verheißendes. In vielfacher Hinsicht ein Meisterwerk des neuen deutschen Kinos. Hier unsere ausführliche Kritik.


Steve McQueen: 12 Years a Slave
Steve McQueen zeiht in diesem Film, mit welch perverser Lust der weiße Mann den schwarzen Körper im 19. Jahrhundert zerstört hat. Solomon Northup lebt als freier Mann im Norden, bei einem Auftritt in den Südstaaten wird er gekidnappt und versklavt. Ein dutzend Jahre werden sein Körper und seine Seele geschunden, während er mit Leib und Seele um seine Freiheit kämpft. Bei den Oscars 2014 als bester Film ausgezeichnet.


Melina Matsoukas: Queen & Slim
Ein dunkelhäutiges Paar wird abends von Polizisten angehalten. Die Verkehrskontrolle läuft aus dem Ruder, ein aufdringlicher Polizist wird erschossen. Das Paar versucht, das weiße Amerika zu verlassen. Ein modernes Bonny & Clyde-Drama, in dem der Rassismus und Polizeiwillkür auf Amerikas Straßen veranschaulicht wird.


Ava DuVernay: When they see us
In der Netflix-Miniserie wird die Geschichte der »Central Park Five“ erzählt. Fünf schwarze Teenager wurden 1989 festgenommen und angeklagt, eine weiße Joggerin im Central Park vergewaltigt zu haben. Ava DuVernays Film zeigt, wie die Jungs in eine rassistisch motivierte Maschinerie geraten, in der die Jungs so lange eingeschüchtert werden, bis sie sich der Vorverurteilung beugen. Eine schockierende Miniserie, die wütend macht.


Ava DuVernay: Selma
Auf dem Höhepunkt der Bürgerrechtsbewegung steht die amerikanische Kleinstadt Selma im Mittelpunkt, in der die Proteste gegen die Gewalt gegen schwarze Bürgerrechtler zusammenlaufen. Der Film begleitet den Kreis um Martin Luther King bei der Organisation der Proteste und zeigt, wie sie immer mehr in den Fokus der weißen Polizei und Geheimdienste geraten. Ein filmisches Denkmal.


Fatih Akin: Aus dem Nichts
Diane Kruger spielt in Fatih Akins NSU-Drama Katja, die ihren Mann und ihren Sohn bei einem rechtsterroristischen Anschlag verliert. Der Film folgt ihrem Leid, der persönlichen Verarbeitung des Anschlags, dem Trauma der Gerichtsverhandlung und dem Rachefeldzug gegen das freigesprochene Neonazi-Paar. Ein aufwühlendes und wichtiges Drama zu einem Teil der jüngsten deutschen Geschichte, mit der eine ehrliche Auseinandersetzung erst noch beginnen muss!


Jordan Peele: Wir
Das neue Meisterwerk von Peele rückt der amerikanischen Seele noch mehr auf die Pelle. Hier fragt er: Wer sind wir selbst? Wie tief sitzt der Horror der Geschichte in unseren Knochen? Er folgt dem Ausflug einer Familie in einen Vergnügungspark, in dessen Mitte sich eine Art Kaninchenbau à la Alice im Wunderland verbirgt. Es ist das Einfallstor zur Hölle, in der die Familie plötzlich der Zombieversion ihrer selbst gegenübersteht. Verstörend genial!


Danis Tanovic: An Episode in the Life of an Iron Picker
Der 2013 in Berlin mit zwei Silbernen Bären ausgezeichnete Film des bosnischen Oscar-Preisträgers Danis Tanovic erzählt die Geschichte von Nazif und Senada, die in einem kleinen Dorf in bitterarmen und harten Verhältnissen leben. Den Lebensunterhalt der vierköpfigen Familie verdient Nazif mit dem Handel von Schrott. Eine eindringliche Erzählung von Diskriminierung und Gewalt gegen Sinti und Roma am Rande Europas! Hier unsere ausführliche Kritik.


Thomas Allen Harris: Through a lens darkly. Black Photographers and the emergence of people
Bilder sagen bekanntlich mehr als tausend Worte. Der US-Amerikaner Thomas Allen Harris geht in seinem Dokumentarfilm der Frage nach, wie im Bilderkosmos der letzten 150 Jahre Afroamerikaner dargestellt wurden und sich selbst dargestellt haben. Schockierend. Erhellend. Klug! Hier unsere ausführliche Kritik.


Peter Farelly: The Green Book
Ein afroamerikanischer Pianist von Weltrang tourt in den 60ern durch die USA. Im Süden braucht er einen Bodyguard, um Heil durch das Land zu kommen. Ihr Reiseführer ist das so genannte Green Book, in dem sichere Unterkünfte für Schwarze verzeichnet sind. Bei den Oscars 2019 als Bester Film ausgezeichnet, veranschaulicht Peter Farellys Spielfilm, dass Rassismus selbst vor Rang und Ansehen keinen Halt macht.


George Tillman Jr.: The Hate U Give
Starr Carter lebt in zwei Welten. Sie besucht ein Elite-Collage für privilegierte weiße Schülerinnen, lebt aber in einer schwarzen Nachbarschaft, in der sie täglich die Auswirkungen von Ausgrenzung und Rassismus spürt. Als ein Freund aus ihrer Kindheit vor ihren Augen erschossen wird, muss sie sich zwischen entscheiden. Ein Jugenddrama, dass den Rassismus in den USA auf den Punkt bringt.


Jordan Peele: Get Out
In diesem erstklassigen Horrorfilm ist schwarz das neue weiß. der schwarze Chris besucht mit seiner weißen Freundin Rose deren Eltern im amerikanischen Niemandsland. Doch rgendetwas stimmt in dieser Südstaatenvilla nicht, wo sich ach so liberale Weiße von zwei dunkelhäutigen Angestellten bedienen lassen, die rassistisches Gebaren bedrohlich weglächeln. Ein irrer Genrefilm, der 2018 den Oscar für das Beste Drehbuch erhielt. Hier unsere ausführliche Kritik.


Jacques Audiard: Dämonen und Wunder
Dieses Flüchtlingsdrama, 2015 ausgezeichnet mit der Goldenen Palme in Cannes, beobachtet den Alltag eines tamilischen Flüchtlings in der Pariser Banlieue, wo die Gewalt der Jugendbanden eskaliert und der Drogenhandel blüht. Auf diesem urbanen Ground Zero kämpfen Deephan und seine Wahlfamilie um die eigene Identität und ringen um das letzte bisschen Hoffnung. Ein bedrückendes Abbild des Lebens am Rande der Gesellschaft. Hier unsere ausführliche Kritik.


Dustin Daniel Cretton: Just Mercy
Bryan Stevenson ist Havard-Absolvent, alle Wege stehen ihm offen. Doch statt es sich in einer Wirtschaftskanzlei gemütlich zu machen, geht er nach Alabama, um zum Tode Verurteilte zu verteidigen. Als er den wegen Mordes verurteilten Walter McMillian verteidigen soll, stößt er auf seltsame Vorgänge und macht sich daran, seinen schwarzen Klienten vor dem elektrischen Stuhl zu bewahren. Ein packendes Justizdrama.


Frank Darabont: The Green Mile
Diese Verfilmung eines Romans von Steven King erzählt die Geschichte eines zum Tode verurteilten Schwarzen und eines Wärters im Todestrakt. John Coffey ist ein sanfter Hüne, die übernatürliche Gabe besitzt, Dinge zu sehen und sehend zu machen. Der Leiter der Haftanstalt zweifelt an seiner Schuld. Doch Coffey nimmt sein Schicksal selbst in die Hand. Ein Film über Vorverurteilungen und die Ausweglosigkeit des Lebens.


Barry Jenkins: Beale Street
Nach »Moonlight« hat Barry Jenkins bildgewaltig James Baldwins Roman verfilmt. Er erzählt die Geschichte eines jungen Paares im New York Anfang der 70er Jahre, das seinen Weg in einer Welt voller Rassismus und Ungleichheit sucht. Jenkins zeichnet Baldwins Roman hier etwas weich, konzentriert sich auf die Liebesgeschichte, statt auf die zum Himmel schreienden Ungerechtigkeiten. Dennoch absolut sehenswert. Hier unsere ausführliche Kritik.


Ryan Coogler: Black Panther
Im Mittelpunkt dieser Verfilmung einer Comicserie, an der niemand geringeres als Ta-Nehisi Coates beteiligt ist, steht der erste schwarze Superheld der amerikanischen Comicgeschichte, erfunden von Stan Lee und Jack Kirby. Der Film erzählt von T’Challa, der in seiner Heimat den Thron besteigen will, sich aber gegen einen Widersacher und dessen brutale Interventionen erwehren muss. Afrofoturismus trifft Science Fiction trifft Hoffnung!


Trey Edward Shults: Waves
Tyler und Emily Williams leben mit ihrem Vater Ronald und Stiefmutter Catherine in Südflorida. Tyler ist erfolgreicher Sportler, doch eine Verletzung beendet seine Karrierehoffnungen jäh. Als seine Freundin ihm eröffnet, dass sie schwanger ist und das Kind behalten will, verliert er die Kontrolle über sein Leben. Es kommt zu einer Katastrophe, die die Familie nicht mehr loslässt. Ein bildgewaltiges Drama über dem Erfolgsdruck, der auf schwarzen Mittelstandsfamilien liegt, in dem der Rassismus im Horizont immer mitläuft.

13 Kommentare

  1. […] auseinander wie mit biblischen Schöpfungsmythen, blickt hinter die Kulisse von Schlagwörtern wie Rassismus, Feminismus und Identität, fragt nach der Zukunft der Liebe, der Verkommenheit des Glaubens und […]

Kommentare sind geschlossen.