Die Longlist zum Deutschen Buchpreis kann sich sehen lassen. Neben den Romanen einiger erwartbarer Kandidat:innen enthält sie überraschende Titel, die bislang noch nicht entdeckt wurden. Ein prominenter Name taucht überraschend nicht auf. Jeweils exakt die Hälfte der nominierten Romane sind aus den Frühjahrs- und den Herbstprogrammen.
Zwei Büchner-Preisträger:innen (Clemens J. Setz, Terézia Mora), eine Deutsche Buchpreisträgerin sowie zahlreiche mehrfach nominierte (Terézia Mora, Sherko Fatah, Angelika Klüssendorf, Tonio Schachinger), ein Leipziger Buchpreisträger sowie Nominierte (Clemens J. Setz, Teresa Präauer, Sherko Fatah), einige Klagenfurth-Kandidat:innen (Sylvie Schenk, Teresa Präauer, Angelika Overath) sowie sechs Debütant:innen (Tomer Dotan-Dreyfus, Charlotte Gneuß, Elena Fischer, Luca Kieser, Anne Rabe, Thomas Oláh). Die Longlist zum Deutschen Buchpreis lässt in ihrer Vielfalt aufhorchen, wenngleich die unabhängigen Verlage gegenüber den großen Publikums- und Konzernverlagen eher ins Hintertreffen geraten.
Das betrifft auch die Verteilung auf Geschlechter und Herkünfte. Elf weiblich und neunmännlich gelesene Autor:innen sind nominiert, sie sind in Ungarn (Terézia Mora), im italienischen Südtirol (Sepp Mall), in Neu Delhi (Tonio Schachinger) und im französischen Chambery (Sylvie Schenk), haben biografische Bezüge nach Israel (Tomer Dotan-Dreyfuß), zur Türkei (Necati Öziri), in den Irak (Sherko Fatah), haben Ost- (Sherko Fatah, Anne Rabe) und Westbiografien, gleich sechs Autor:innen kommen aus Österreich (Raphaela Edelbauer, Thomas Oláh, Teresa Präauer, Kathrin Röggla, Tonio Schachinger, Clemens J. Setz).
Die großen Namen





Die bekanntesten Namen auf der Liste der Autor:innen, die mit ihren aktuellen Romanen für den Deutschen Buchpreis nominiert sind, sind Clemens J. Setz, Terézia Mora, Angelika Klüssendorf, Sherko Fatah und Kathrin Röggla. Für Kathrin Röggla, nominiert mit ihrem Roman »Laufendes Verfahren« über den NSU-Prozess, und Clemens J. Setz, im Rennen mit seinem bereits für den Preis der Leipziger Buchmesse nominierten Querdenker-Roman »Monde vor der Landung«, ist die Nominierung eine Premiere. Sherko Fatah war bereits 2008 mit seinem Roman »Das dunkle Schiff« für den Preis nominiert, konkurriert jetzt mit seiner Vater-Tochter-Geschichte »Der große Wunsch« um den Preis. Angelika Klüssendorf war sogar schon dreimal: 2011 mit »Das Mädchen«, 2014 mit »April« und 2018 mit »Jahre später«. Ob es im vierten Anlauf mit ihrem DDR-Panorama »Risse« klappt, bleibt abzuwarten. Terézia Moras Roman »Das Ungeheuer«, der zweite Band ihrer Trilogie um den IT-Spezialisten Darius Kopp, wurde 2013 mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnet. Nun ist sie mit ihrem neuen Roman »Muna oder die Hälfte des Lebens« erneut nominiert.
Bemerkenswerte Entdeckungen






Die Longlist zum Deutschen Buchpreis lädt vor allem ein, die junge deutschsprachige Literatur zu erkunden. Statt arrivierter Autor:innen wie Daniel Kehlmann, Ilija Trojanow, Lukas Bärfuß, Thomas Lehr, Arno Geiger oder Monika Helfer mit ihren aktuellen Romanen zu nominieren (Kehlmanns Auslassung ist wohl die größte Überraschung), konnte sich die Jury für viele junge deutschsprachige Autor:innen erwärmen. Da ist etwa der Debütroman des 1987 in Haifa geborenen Tomer Dotan-Dreyfus, der in Birobidschan die Geschichte einer jiddischen Gemeinschaft im sibirischen Nirgendwo sensationell aufleben lässt. Oder Necati Öziris zweiter Roman »Vatermal«, eine mitreißende Familiengeschichte, ein Trauerbuch und eine Reflexion über Männlichkeit in diesen Zeiten. Anne Rabes Wende- und Erinnerungsroman »Die Möglichkeit von Glück« hat sämtliche Ost- und DDR-Debatten in diesem Frühjahr links überholt und trifft die Gemütslage der Dritten Generation Ostdeutschland wie kein anderes. Hier schließt auch das Debüt von Charlotte Gneuß an, eine Erzählung aus der DDR der 1970er Jahre, das gerade den Literaturpreis der Jürgen Ponto-Stiftung gewonnen hat. Ihr Roman »Gittersee« weise »mühelos auf, die DDR ist noch nicht zu Ende erzählt«, hieß es in der Begründung. Elena Fischers Debütroman »Paradise Garden« taucht ganz in die Gegenwart ein, erzählt von Armut und Überleben in einer Hochhaussiedlung. Luca Kieser taucht in seinem Debüt »Weil da war etwas im Wasser« in die Tiefsee ab und erkundet das Miteinander von Mensch und Krake.
Die weiteren Nominierten









Darüber hinaus weist die Jury noch einmal auf den Vorkriegsroman »Die Inkommensurablen« von Raphaela Edelbauer, auf Thomas Oláhs Debüt »Doppler«, Angelika Overaths Reise- und Liebesroman »Unschärfen der Liebe«, Teresa Präauers eskalierendes kulinarisches Ereignis »Kochen im falschen Jahrhundert«, Tonio Schachingers Gamer-Roman »Echtzeitalter« sowie Sylvie Schenks autobiografische Erkundung »Maman« hin. Die Longlist schließen Sepp Malls NS-Euthanasie- und Auswanderungsroman »Ein Hund kam in die Küche«, Tim Staffels Großstadtroman »Südstern« und Ulrike Sterblichs Freundschafts- und Tricksterroman »Drifter«.
Vermisste Titel







Aber wie bei jeder Liste vermisst man dann doch einige Autor:innen, unwissend, ob die Verlage die Titel überhaupt eingereicht haben. Dazu gehören Deniz Utlu und sein Roman »Vaters Meer«, Arno Geigers Sammel-, Lebens- und Schreiberkundung »Das glückliche Geheimnis«, Stephanie Barts RAF-Roman »Erzählung zur Sache«, Olga Bachs erfrischende Erkundung des Kunstbetriebs »Kinder der Stadt«, Jan Kühlbrodts Roman »Krüppelpassion« (gerade mit dem Alfred-Döblin-Preis ausgezeichnet), Marion Poschmanns feministische Intervention »Chor der Erinnyen«, Tijan Silas leisen Kriegsroman »Radio Sarajevo« oder Maja Haderlaps Generationenroman »Nachtfrauen«.
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