In diesem Bücherherbst werden die voluminösen Werke von Jonathan Franzen, Clemens Setz, Feridoun Zaimoglu, Karl Ove Knausgård und Laksmi Pamuntjak für Debatten sorgen. Die Werkausgabe von Wolfgang Herrndorf, die Prosasammlung von Hans Carl Artmann und Siegfried Lenz Erzählungen lassen noch einmal in ihrer Literatur schwelgen. Ein Blick auf die zwanzig literarischen »Schwergewichte« der Herbstsaison.
Wolfgang Herrndorf gehört zu den wenigen deutschen Autoren, die über die Landesgrenzen hinaus Kultstatus erlangt haben. Sein viel zu früher Tod, selbstgewählt nach langer Krankheit, wurde einhellig als schwerer Schlag für die deutsche Literatur bewertet. Legt man das unglaubliche Potenzial neben die literarische Hinterlassenschaft, dann muss man die dreieinhalb Romane (In Plüschgewittern, Tschick, Sand, Bilder deiner großen Liebe) und die Erzählungen (Diesseits des Van-Allen-Gürtels) wie der Verlag als schmales, aber intensives und unwiderstehliches Werk deuten. Seine frühen Werke, diese »intelligenten und zugleich extrem lustigen Geschichten«, waren zeitweise nicht mehr als Geheimtipps, sind seit dem gigantischen Erfolg von Tschick aber zumindest wieder als Taschenbuch erhältlich. Seit er Maik Klingenberg und Andrej Tschichatschow auf ihren Selbsterfahrungsausflug geschickt hat, braucht es für sein Werk kein Marketing mehr. Bis zum kommenden Herbst soll der Roman verfilmt werden. Herrndorf wäre im Juni 50 Jahre alt geworden, zu diesem Anlass erscheint nun eine edle Gesamtausgabe seiner Werke, in der neben seinem literarischen Werk auch sein Tagebuch Arbeit und Struktur, diverse Fragmente und kürzere Erzählungen wie »Scham & Ekel GmbH« oder »Die Rosenbaum-Doktrin«. Darüber hinaus enthalten die drei petrolblauen Leinenbände vier Texte zu Autor und Werk: eine Werkeinführung von Tobias Rüther, ein »Porträt des Künstlers als erfolgloser Autor« der Herrndorf-Vertrauten Kathrin Passig, Michael Maars Überlegungen zum rätselhaftestem Herrndorf-Werk, dem Wüstenthriller Sand, sowie ein Beitrag zur Entstehungs- und eine Erfolgsgeschichte von Tschick von Marcus Gärtner. »Eine Ausgabe, die Herrndorf als den überragenden Autor würdigt, der er war.» Ein Schmuckstück in jedem Buchregal, ein Muss für Herrndorf-Fans.
Dass einem Autor mit Poesie der literarische Durchbruch gelingt, war in den sechziger Jahren nicht so ungewöhnlich. Dass einer aber mit dialektaler Lyrik seinen größten Erfolg feiert, das schon. Dem österreichischen Lyriker und Übersetzer Hans Carl Artmann ist das 1958 mit seinem im Wiener Schmäh gehaltenen Gedichtband med ana schwoazzn dintn dennoch gelungen. Und das, nachdem er kurz zuvor mit seiner literarischen Heimat, dem Wiener Kreis um Gerhard Rühm und Konrad Bayer, gebrochen hat. Artmanns Werk ist vor allem von dem Spiel mit der Sprache und ihrer Bedeutung geprägt, die mal ins Dadaistische, mal ins Surrealistische und dann wieder ins Quasireligiöse kippt. Im Pöltener Residenzverlag erscheint nun die Gesammelte Prosa des Österreichers mit dem bestechenden Blick, von dem Ulrike Mayröcker einmal schrieb: »ohne ende seine stolze feuerkunst moege verzaubern«. Hans Carl Artmann war eine Ausnahmeerscheinung der österreichischen Literatur, zumindest zu seiner Zeit. In jeder Zeile seiner facettenreichen Prosa stecke »der sprühende Geist, der immense Reichtum an Formen und Einfällen, die subtile Komik« eines Wunderkinds der Literatur aus unserem Nachbarland, heißt es in der Ankündigung des Verlags. Mit dem von Klaus Reichert herausgegebenen Doppelband, der an die Stelle der vergriffenen Taschenbuchausgabe tritt, kann nun dieser Derwisch der Sprache wiederentdeckt werden.
Siegfried Lenz ist neben Günter Grass einer der wichtigsten deutschsprachigen Autoren der Nachkriegsliteratur. Mit Romanen wie Deutschstunde, in dem er 1968 die Nachkriegszeit an einem Vater-Sohn-Konflikt aufarbeitete, oder mit seinen Geschichten aus Ostpreußen in So zärtlich war Suleyken (1955) oder Heimatmuseum (1978) rief er vergessene Welten wieder in Erinnerung und trug zur inneren Versöhnung seiner Nation durch Konfrontation mit der eigenen Geschichte bei. 1988 wurde er dafür mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet. Viel und begeistert gelesen, dennoch immer wieder neben seinen 14 Romanen unterschätzt, sind seine Erzählungen; 120 sollen es nach Verlagsangaben sein. In ihnen leuchtet die außergewöhnliche erzählerische Gabe und sprachliche Brillanz des Wahlhamburgers auf, die seine großen Romane zu Weltliteratur gemacht haben. Auf die Frage, welcher Art seine Geschichten sind, antwortete Lenz Folgendes: »Man kann sagen, zierliche Nötigungen der Wirklichkeit, Farbe zu bekennen. Man kann aber auch sagen: Versuche, die Wirklichkeit da zu verstehen, wo sie nichts preisgeben möchte.« Erzählungen seien zur Vergeltung ausgelegte Tellereisen, in denen man die Wirklichkeit in kleiner Falle zu fangen versucht, weil sie sich selbst »unaufhörlich bestreitet.« Hier kann man den von Lenz ausgelegten Erzählungen noch einmal in die Falle gehen.
Sechzehn Romane sind von Andrea de Carlo bislang erschienen, in zahlreichen Ländern ist der Italiener ein Bestsellerautor. Mit dem Roman Creamtrain Anfang der 1980er Jahre startete er seine literarische Karriere, noch bevor er seine anderen Tätigkeiten als Fotograf und Rockmusiker sowie etwas später als Regieassistent bei Federico Fellini aufs Nebengleis stellte. Mit seinem neuen Roman Villa Metaphora (Aus dem Italienischen von Maja Pflug) erscheint nun sein bislang umfangreichster, in dem er die Regeln der Zivilisation in dem Mikrokosmos eines Luxusressorts auf der Mittelmeerinsel Tari südlich von Sizilien zur Aufführung bringt. Die Schickeria aus aller Welt fällt in dieses urige Naturidyll ein und gerät mit der dienenden Bevölkerung vor Ort aneinander. Das passt dem Besitzer der edlen Anlage Gianluca Perusato überhaupt nicht, denn er will seine High-Society-Klientel – darunter eine verdeckt reisende, französische Hotelkritikerin mit spitzer Feder, ein mächtiger deutscher Banker, der für ein paar Tage untertauchen muss, sowie eine junge Hollywood-Diva am Rande des Zusammenbruchs beeindrucken. »Am Vulkanwasserpool und auf den großzügigen Terrassen prallen die Lebenswelten der herrschsüchtigen, selbstgefälligen, aber auch hochempfindsamen Menschen aufeinander, weshalb die heile Welt der Villa Metaphora schon bald in ihren Grundfesten erschüttert wird.« Wie das endet, kann man ab September erfahren.
»Was würde geschehen, wenn alle Menschen gleichzeitig wach wären, nur für eine Sekunde?« Mit dieser Zeile bewirbt der Suhrkamp-Verlag den von der Literaturszene sehnsüchtig erwarteten, neuen Roman des österreichischen Literaturstars Clemens J. Setz mit dem rätselhaften Titel Die Stunde zwischen Frau und Gitarre. Der 32-jährige Grazer – für den die Bezeichnung enfant terrible nur deshalb nicht passen will, weil er als öffentliche Person ganz im Gegensatz zu seiner Literatur immer zurückhaltend agiert – hat der deutschen Sprache eine neue Form der Dringlichkeit beigebracht. In der Tiefe seiner immer preisverdächtigen Romane (Söhne und Planeten, Die Frequenzen, Indigo) sowie preisgekrönten Erzählungen (Die Liebe zur Zeit des Mahlstädter Kindes) tobt die Gewalt, die er in der modernen Gesellschaft verortet. Seine Stoffe, auf die er sich dabei bezieht, findet er in Archiven und historischen Bücher, die Semantik seiner Sprache speist sich aus »vergessenen« literarischen Werken und etymologischen Wörterbüchern. In seinem neuen Roman geht es um die Dreiecksbeziehung des an den Rollstuhl gebundenen Hitzkopfs Alexander Dorm, seiner Bezugsbetreuerin Natalie Reinegger und den Witwer Christopher Hollberg, dessen Ehefrau Dorm belästig und in den Selbstmord getrieben haben soll. Eine »Bergwerksfahrt in die Welt des Clemens J. Setz« sei der Roman, in dem es um Macht und Ohnmacht, Sinnsuche und Orientierungsverlust, Unterwerfung und Liebe in allen Spielarten gehe – fürsorglich, respektvoll, besessen, Liebe als Wahn und als Manipulation sowie rächend. Man darf gespannt sein, ob es Setz nach Die Frequenzen erneut auf Long- und Shortlist des Deutschen Buchpreises schafft oder sein neuer Roman wie Indigo unberücksichtigt bleibt.
Es war ein Mammutprojekt, das Ulrich Nolte für den Verlag C. H. Beck an Land zog, für das der etablierte Großverlag aber nicht die notwendige Geduld aufbringen wollte. 7.000 verkaufte Exemplare waren zu wenig, so dass dur der erste der insgesamt sieben Bände von Johannes Jakobus Voskuils Romanzyklus über den modernen, an den Schreibtisch gezwungenen Homo Burocraticus Direktor Beerta in München erschienen ist. Danach drohte das Projekt mit dem Solitär zu enden. Bis mit Jörg Sundermeier ein ebenso wagemutiger wie visionärer Verleger zugriff, das Projekt unter seine Fittiche nahm und die deutschsprachige Literaturwelt mit der von Gerd Busse aus dem Niederländischen glänzend übersetzten Geschichte von Maarten Koning beglückt. Auf insgesamt 5.200 Seiten hat Voskuil, der 1957 als wissenschaftlicher Beamter im Amsterdamer Institut für niederländische Volkskultur angestellt wurde, den grotesken, repetitiven und immer wieder auch stupiden Büroalltag nicht nur eingefangen, sondern zu einer urkomischen Kulturgeschichte des administrativen Systems seiner (und unserer) Zeit geschrieben. Die Geschichten, die dabei den Alltag Konings und seiner Kollegen beschreiben, sind von einer absurden Realität und führen vor Augen, warum es Vereine wie den Bund der Steuerzahler geben muss. Nachdem vor wenigen Wochen erst der dritte Teil Plankton mit den Schilderungen der Jahre 1972 bis 1975 erschienen ist, in dem die anfängliche Pragmatik Konings endgültig in resigniertes Kopfschütteln übergeht und am Horizont erste ernstzunehmende Schwierigkeiten auftreten, soll es im vierten Band Das A.P. Beerta-Institut, der die Jahre 1975 bis 1979 beschreibt, zu echten Katastrophen kommen. »Plötzlich wird den Mitarbeitern Leistung abverlangt, und zwar in Form vorzeigbarer Produkte. In der Not veranstaltet man ein Symposium, das allerdings völlig aus dem Ruder läuft…«
Alexander Ilitschewski ist einer der großen Gegenwartsautoren, die in der ehemaligen Sowjetunion aufgewachsen und geprägt wurden. In Deutschland bekannt ist sein Entwicklungsroman Matisse, der 2006 in der Übersetzung von Friederike Meltendorf und Valerie Engler bei Matthes & Seitz publiziert wurde. Bei Suhrkamp erscheint nun mit Der Perser (Aus dem Russischen von Andreas Tretner) das Hauptwerk des in Jerusalem lebenden Autors, in dem er von dem zerfallenden sowjetischen Imperium in den chaotischen neunziger Jahren erzählt. Im Zentrum steht der nach Kalifornien ausgewanderte russische Geologe Ilja, der auf einer Dienstreise in die Heimat zurückkehrt. Dort trifft er auf seinen Schulfreund Chaschem, der als Ornithologe und Umweltschützer eine Falkenkolonie im Naturschutzgebiet Schirwan an der iranischen Grenze bewacht. Die Aura und Energie des spirituellen Freundes ziehen Ilja in dessen Bann und er beginnt, seine eigene, von Geld und Macht getriebene Existenz in Frage zu stellen. Mit seismographischem Gespür entfalte Alexander Ilitschewski »eine Geopoetik des Kaspischen Raums«, wo in einem verlorenen Garten Eden, in dem einst die Weltreligionen zusammenfanden, heute ein geopolitischer, sozialer und ökologischer Raubbau eine Region in den Abgrund stürzt. Mit Der Perser habe Ilitschewski einen »stimmgewaltigen, komplexen, enzyklopädischen Gegenwartsroman geschrieben, ein Buch aus dem Geiste Musils und Pynchons«. Mit diesem Satz stellt der Verlag das Buch auf eine hohe Klippe, von der es fatal fallen oder mit den entsprechenden erzählerischen Flügeln ausgestattet elegant heruntersegeln kann.
Nach Die Korrekturen und Freiheit erscheint mit Unschuld der neue, sehnsüchtig erwartete Roman Unschuld (Aus dem Amerikanischen von Bettina Abarbanell & Eike Schönfeld) von Jonathan Franzen, dem Vater der großen amerikanischen Erzählung. Darin verbindet er unter anderem Fragen von Identität, Datenschutz, Liebe und sexueller Rechte zu einem Panorama unserer Zeit. Im Zentrum steht die junge Pip Tyler (im Original gibt ihr Name Purity Tyler dem Roman seinen Titel), die – neben einigen anderen Problemen – nicht weiß, wer ihr Vater ist. Sie weiß weder, wo noch wann sie geboren wurde, auch kennt sie den wirklichen Namen und Geburtstag ihrer Mutter nicht. Da bietet sich die Gelegenheit, ein Praktikum beim Whistleblower Andreas Wolf zu machen, von dem sie sich Hilfe bei der Vatersuche erhofft. Wolf selbst ist ein gefallener Sohn eines hochrangigen Stasifunktionärs und hat sich vor Jahren selbst eines Verbrechens aus Liebe schuldig gemacht. Der neue Roman des mit zahlreichen Preisen ausgezeichneten Amerikaners, von dem zuletzt seine Aufsätze und Vorträge der Auseinandersetzung mit dem deutschen Kritiker Karl Kraus erschienen sind, erscheint am 1. September in den USA und nur drei Tage später auch in Deutschland. Unschuld sei »eine tiefschwarze Komödie über jugendlichen Idealismus, maßlose Treue und den Kampf zwischen den Geschlechtern«, der von der Schuld in den unterschiedlichsten Facetten handele, heißt es in der Ankündigung. Bleibt die Frage, ob es einen größeren als den großen amerikanischen Roman gibt, den Franzen mit Die Korrekturen bereits geschrieben hat. Im September wissen wir es.
Feridun Zaimoglu gehört zu den wichtigsten Gegenwartsautoren, die die deutsche Literatur zu bieten hat. Kaum ein Preis, den er noch nicht gewonnen hat, vom Bachmann-Preis über den Adalbert-von-Chamisso-Preis, den Carl-Améry-Literaturpreis bis hin zur Corine. Nur eine der beiden ganz großen Auszeichnungen, der Leipziger Literaturpreis oder der Deutsche Buchpreis, war ihm noch nicht vergönnt. Sein Roman Liebesbrand war 2008 in Leipzig auf der Shortlist, mit Isabel war er im vergangenen Jahr auf der Longlist für den Deutschen Buchpreis. Es würde nicht wundern, wenn sein neuer Roman Siebentürmeviertel, eine Familiensaga zwischen Orient und Okzident, in diesem Herbst mindestens bis auf die Shortlist gelangt. Darin greift er nach Leyla wieder die Türkei als Handlungsort eines Romans auf. Er entführt seine Leser ins Istanbul des Jahres 1939 und damit in eine fremdartige und faszinierende Welt der Farben und Düfte, in der sich der deutsche Junge Wolf behaupten muss. Sein Vater musste vor der Gestapo fliehen, er selbst findet sich bei der Familie von Abdullah Bey im multikulturellen und multiethnischen Siebentürmeviertel Istanbuls wieder. Sein Gastvater nimmt ihn als Sohn an, Wolf geht im Viertel zur Schule und erobert sich seine Stellung unter den Jugendlichen. Doch als er begreift, welche Rolle sein Gastgeber im großen Spiel der Mächte wirklich spielt, gerät er in Gefahr. »Mit großer Sprachkraft und Poesie führt er den Leser in eine Welt, in der Kulturen und Religionen, aber vor allem menschliche Leidenschaften und Sehnsüchte aufeinanderprallen«, schreibt Zaimoglus Kölner Verlag, der sich Hoffnungen auf einen der wichtigsten Herbsttitel macht.
Ein Meisterwerk, vergleichbar dem Rang von James Joyces Ulysses und Robert Musils Der Mann ohne Eigenschaften – größer kann man ein Werk kaum ankündigen, als es der Verlag Schöffling & Co für Bora Ćosićs Großroman Die Tutoren (Aus dem Serbischen von Brigitte Döbert) macht, das als mit Wortspielen und Stilbrüchen gespicktes, »avantgardistisches, fast unübersetzbares Meisterwerk« ein »experimentelles Labor der Sprache« darstelle, dabei aber hochkomisch sei. Ćosić, der seit 1995 in Berlin lebt, ist einer der bedeutendsten jugoslawischen Nachkriegsautoren. Der Berliner Tagesspiegel schrieb jüngst in einem Porträt, dass er ein Meister sei, »Räume und Gegenstände so lange anzuschauen und zu beschreiben, bis sie plötzlich lebendig erscheinen«. Vier Jahre lang hat der serbische Autor an in seiner bereits 1978 im Original erschienenen und in Slawonien angesiedelten Familienchronik geschrieben, die er nach Verlagsauskunft auf vielfältige Weise erzählt. So werde das Puzzle der Familie unter anderem anhand einer Kneipenschlägerei, in Form eines Lexikoneintrags sowie als Beratungsgespräch in einer Buchhandlung zusammengesetzt. So ordnet er die Dinge einer Familie, wie es Michel Foucault in seiner Archäologie der Humanwissenschaften vorgesehen hat. Kein Wunder also, dass sein anonymer Erzähler als leidenschaftlicher Sammler kurioser Phänomene ein besonderes Augenmerk für Alltagsdinge und deren historische sowie mythologische Bedeutung hat. »Ausgehend von einem rebellischen orthodoxen Priester des 19. Jahrhunderts über tatkräftige unternehmerische Frauen bis hin zu einem namenlosen Autor spannt er einen Bogen über 150 Jahre europäischer Geschichte«, heißt es in der Verlagsankündigung. Kritiker werden sicher genau hinschauen, ob der Roman die geweckten Erwartungen erfüllt.
Welches Geheimnis sich hinter der unglücklichen Ehe von Eduardo und Beatriz verbrigt, weiß auch ihr Freund und engster Vertrauter Juan nicht. Andernfalls würde er sich aber wohl auch nicht auf Beatriz einlassen. Aber kaum ist er ihr Geliebter, überstürzen sich die Ereignisse. Jahre später erkennt er: »Wenn wir uns der Vergangenheit nicht stellen, wird alles Leben aus der Lüge kommen.« Der spanische Schriftsteller und »König« der unbewohnten Karibikinsel Redonda, Javier Marías, der mit Mein Herz so weiß anfang der neunziger Jahre einen Weltbestseller und in den 200er Jahren mit der Trilogie Dein Gesicht morgen das Porträt seiner Zeit geschrieben hat, ist ein »ein erbarmungsloser Kenner der menschlichen Herzen, ihrer dunklen Seiten und verborgenen Winkel«, schreibt sein Verlag S. Fischer. In seinem neuen Roman So fängt das Schlimme an (Aus dem Spanischen von Susanne Lange) beweist er das erneut, Grundlage ist dabei sein Vorgehen des »literarischen Nachdenkens«, eine Form der verlangsamten Reflexion über die ihn umgebenden Verhältnisse und darüber, was sie mit dem Menschen anrichten. Entsprechend geht es in seinem neuen Roman um die Essenz des Seins. Eine Geschichte um Liebe, Leidenschaft und einen rätselhafter Todesfall, das klassische Triumvirat des Dramas. Zuletzt erschien von Mariás der Roman Die sterblich Verliebten, für den er den Nationalen Literaturpreis der spanischen Regierung erhalten sollte, den er aber aus politischen Gründen ablehnte. Kenner des Spaniers wunderte das nicht. Paul Ingendaay schrieb in seinem Porträt anno 2010 in der FAZ, Marías sei ein Mann, »dem Denkverbote zuwider sind – und der mit Folklore nichts am Hut«. Entsprechend bricht er hier das romantische Klischee der Liebe auf. »Lieben und Sich-Verlieben stehen in dem Ruf, etwas Positives zu sein. Das mag in einigen Fällen begründet sein, in anderen ist es aber genau das Gegenteil«, sagte er dem Guardian zum Erscheinen der englischen Übersetzung von Die sterblich Verliebten. Was genau er damit meint, kann man in seinem neuen Roman noch einmal nachlesen.
Éric-Emmanuel Schmitt hat mit Paolo Coelho nicht viel gemein, eines aber ganz gewiss. Mit jedem neuen Buch wird sein Werk spiritueller, religiöser und auch ein wenig verquaster. Nur die ganz hartgesottenen Fans bleiben da noch bei der Stange. Mit Die Liebenden vom Place d’Arezzo (Aus dem Französischen von Marlene Frucht) erscheint nun der neue, »freizügige« Roman des Franko-Belgiers, in dessen Zentrum die Frage steht, ob die Sexualität eine Hilfe oder ein Hindernis ist, wenn es um die Liebe geht. Ausgangspunkt der Überlegungen ist ein anonymer Liebesbrief, der Unruhe in das elegante und ebenso scheinheilige Brüsseler Viertel um den Place d’Arezzo bringt. Dort wohnt ein Banker, der seiner Familie verheimlicht, dass er sich zu Männern hingezogen fühlt, ein hochrangiger Politiker, der notorisch jede halbwegs attraktive Frau anmacht, die nymphomane Diane, die sich mit Unbekannten zu sadomasochistischen Sitzungen trifft und eine alternde Dame, die ein seltsames Verhältnis zu ihrem Papagei unterhält. Sie alle erhalten den geheimnisvollen Liebesbrief, der sie ganz unterschiedlich anspricht, ihnen zugleich aber Rätsel aufgibt. Die aufwühlende Suche nach dem Urheber des Briefes und der eigenen Aufrichtigkeit beginnt. Eine Enzyklopädie der Liebe, wie sie Diderot geschrieben hätte, meinte der französische L’Express in dem Buch zu erkennen, Le Figaro hieß schlicht und einfach willkommen »im Durcheinander namens Leben«. Man darf gespannt sein, ob sich Éric-Emmanuel Schmitt mit diesem Roman vollends in die Ecke des Kitsches oder endlich wieder aus ihr herausschreibt.
Der US-Amerikaner James Lee Burke hat eine verrückte literarische Vita. Seit den 1970er Jahren schreibt und veröffentlicht er Krimis und Thriller, zunächst allerdings mit mäßigem Erfolg. Für seinen Roman The Lost Get-Back Boogie soll er angeblich legendäre 111 Absagen bekommen haben, bevor er in einer nachgebesserten Fassung dann 1986 doch veröffentlicht und glatt für den Pulitzer-Preis nominiert wurde. Mit dieser Nominierung startete der True-Crime-Autor richtig durch, seither hat er zwei Mal den Edgar Allen Poe Award für den Besten Roman, zwei Mal den französischen Prix Mystère de la Critique sowie je einmal den amerikanischen Dashiel Hammett Prize, den britischen Gold Dagger, den französischen Grand Prix de littérature policière und den Deutschen Krimipreis erhalten. 2009 erhielt er die höchste Auszeichnung der amerikanischen Krimiautoren, den Grand Master Award, »für besondere Leistungen im Krimi-Genre und die gleichbleibend hohe Qualität seiner Werke«. Nun erscheint Glut und Asche (Aus dem Amerikanischen von Daniel Müller), der nunmehr 27. Kriminalroman des Vielschreibers, der damit seine Hackberry-Holland-Reihe, die er zuletzt mit Regengötter nach fast vierzig Jahren noch einmal aufgegriffen hatte, fortsetzt. Neben Sheri Hackberry Holland steht Danny Boy Lorca im Zentrum des Geschehens, der in der Wüste nahe der texanisch-mexikanischen Grenze Zeuge eines brutalen Mordes wurde. »Vielleicht würde er eines Tages die Angst vergessen, die in jenen fünfzehn Minuten einen anderen Menschen aus ihm gemacht hatte.« Ob Hackberry Holland dazu beitragen und für Gerechtigkeit sorgen kann? Ab Mitte September gibt’s die Antwort.
Norwegens »bedeutendster Gegenwartsautor« Karl Ove Knausgård – den die New York Times jüngst auf Reisen schickte, um das Amerika der Gegenwart einzufangen – ist »Literaturhype« und zeigt uns als »der Entschleuniger«, »wie wir lieben, kämpfen, sterben«. Dies sind nur einige der begeisterten Stimmen der deutschsprachigen Literaturkritik, zusammengewürfelt zu einem Superlativ, der am Ende doch nicht ausreicht, um die international gefeierte revolutionäre Form der autobiografischen Literatur zu beschreiben, die sein sechsbändiges Romanprojekt Mein Kampf darstellt. Nach der Aufarbeitung des schwierigen Vaterverhältnisses in Sterben, der Suche nach der idealen Balance zwischen Nähe und Distanz, Selbstbestimmung und Selbstaufgabe in Lieben, dem Rückblick auf die eigene Kindheit im Norwegen der siebziger Jahre in Spielen und der Eroberung der Welt durch den jungen Erwachsenen in Leben folgt nun Träumen (Aus dem Norwegischen von Paul Berf), Knausgårds Erinnerungen an seine Jahre in Bergen. Übrig geblieben von diesen Jahren sind zwölf Fotos, die Erinnerung an ein verbranntes Tagesbuch und ein lebendiges Gefühl. »Ich wusste so wenig, wollte so viel, brachte nichts zustande. Aber in welch einer Stimmung ich damals war, als ich dort ankam!« In diesen 14 Jahren zerbrechen viele Träume, seine erste Ehe scheitert und sein Traum, Schriftsteller zu werden, rückt immer wieder in weite Ferne. Es sind Jahre, »in denen sich Momente kurzer Glückgefühle mit jenen tiefster Selbstverachtung die Hand gaben, in denen sich Demütigungen und Höhenräusche ebenso schnell abwechselten wie selbstzerstörerische Alkoholexzesse und erste künstlerische Erfolge«. Diese Jahre rekonstruiert der Norweger im fünften und vorletzten Teil seines Romanprojekts.
Josh Weil ist einer der jungen Wilden des US-amerikanischen Literaturbetriebes. 2009 wurde der damals 33-Jährige von der Jury des National Book Award zu den 5 Under 35 gezählt, im Jahr darauf erhielt er für seine Novellensammlung Herdentiere und Das neue Tal den Sue-Kaufman-Debütpreis. In seinem Roman Das gläserne Meer (Aus dem Amerikanischen von Stephan Kleiner) entwirft er nun eine mit russischer Mythologie aufgefüllte Zukunftsvision über die moderne Agrargesellschaft. Im Mittelpunkt stehen die Zwillinge Jarik und Dima, die nach dem Tod des Vaters auf dem Bauernhof ihres Onkels inmitten der Kornkammer Osteuropas aufwachsen. Während sie sich als Kinder noch in den Bann der mythischen Geschichten aus dem russischen Sagenschatz ziehen lassen, ergreift sie als erwachsene Männer eine bittere Realität. Sie werden Arbeiter in der Oranzeria, einem gigantischen Gewächshaus, das sich bis in die Unendlichkeit ausdehnt, wie man es vom spanischen Alméria kennt. Es wird »das gläserne Meer« genannt und von im Weltall schwebenden Spiegeln beleuchtet, die das Sonnenlicht rund um die Uhr auf das Treibhaus werfen. Unter den Bedingungen dieses ewigen Tages soll die Produktivität der Region verdoppelt werden. Der verantwortungsbewusste Familienvater Jarik und der träumende Dima werden von den Verhältnissen der Oranzeria in entgegengesetzte Richtungen mitgerissen und stehen sich schließlich als erbitterte Kontrahenten gegenüber. Das gläserne Meer sei keine Alternativgeschichte, sondern eine Fantasie, inspiriert von Versatzstücken der russischen Sprache, Geschichte und Kultur, schrieb die New York Times nach der Lektüre des Romans, der hierzulande sicher stärker als gesellschaftspolitische Dystopie gelesen werden wird.
François Roux macht eigentlich Filme, und das recht erfolgreich, mit dem in Frankreich begeistert aufgenommenen Roman Die Summe unseres Glücks (Aus dem Französischen von Elsbeth Ranke) legt er sein literarisches Debüt vor. Darin fragt er nach dem Preis, den jeder für sein Leben zu zahlen hat. Im Mai 1981 liegen sich auf der Place de la Bastille in Paris Tausende in den Armen, nachdem François Mitterrand die Präsidentschaftswahlen gewonnen hat. Der siebzehnjährige Rodolphe ist im Zentrum des Freudentaumels, er hofft auf eine bessere Politik und möchte selbst als Akteur seine Ideale verwirklichen. Auch seine drei Freunde Paul, Benoît und Tanguy haben große Pläne. Als sie sich 2012 erneut treffen, hat Rodolphe es ins Parlament geschafft, eine kluge Frau, einen einflussreichen Schwiegervater. Doch wie seine drei Freunde hat er Opfer gebracht, um sein Ziel zu erreichen – war der Preis zu hoch? Was ist übrig von den Träumen ihrer Jugend, nachdem die Vorstädte explodiert, das soziale Projekt Mitterands gescheitert, die französische Gesellschaft in Arm und Reich auseinandergebrochen und der Kern des Geistes der Grande Nation verloren gegangen ist? Vor dem Hintergrund der französischen Gesellschaftsgeschichte erzählt Roux von der Suche nach dem Glück eines jeden einzelnen von uns, fragt nach Idealen und dem Preis, für den wir sie zu opfern bereit sind. Fraglich bleibt bei Roux’ Roman, ob er in seiner spezifisch französischen Ausrichtung auch eine größere deutsche Leserschaft finden wird. Karine Tuil ist das mit ihrem unfranzösischen Generationsroman Die Gierigen besser gelungen als Pierre Lemaitre mit seinem mit dem Prix Goncourt ausgezeichneten Weltkriegsepos Wir sehen uns dort oben, das ebenfalls stark die französische Perspektive spiegelt.
Indonesien ist das Ehrengastland der Frankfurter Buchmesse 2015, mit Laksmi Pamuntjaks historischem Roman Alle Farben Rot (Aus dem Indonesischen von Martina Heinschke) hat der Berliner Ullstein-Verlag den großen indonesischen Gegenwartsroman im Programm. Er setzt ein im Jahr 1965, als sich in Indonesien, abseits der Weltöffentlichkeit, General Suharto blutig an die Macht putschte. Seither war das Land geteilt in Freund und Feind der neuen Herrschenden, verfolgt wurden alle, die als Kommunisten verdächtigt wurden. Tausende Menschen kamen unter dem Suharto-Regime ums Leben, zehntausende sind spurlos verschwunden. Jahre nach Suhartos Sturz im Jahre 1998 sucht eine Frau auf der Gefangeneninsel Buru nach den Spuren des Mannes, den sie in jenen Tagen geliebt und dann verloren hat. »In den Wirren einer Straßenschlacht wurden Amba und Bhisma damals auseinandergerissen, und Amba wusste all die Jahre nichts über das Schicksal ihrer großen Liebe. Bis sie eines Tages eine anonyme Mail erhält…« In Alle Farben Rot webt die indonesische Autorin und Journalistin Laksmi Pamuntjak entlang der Linien des indonesischen Nationalepos’ Mahabharata das Panorama der jungen indonesischen Nation, die immer noch zwischen Kolonialzeit und Unabhängigkeit, Diktatur und Demokratie gefangen ist. Ein Roman, an dem man in diesem Herbst nicht vorbeikommt, von einer Autorin, die neben Andrea Hirata, Okky Madasari und Leila Chudori zur jungen und noch zu entdeckenden Genration der indonesischen Literatur gehört.
Wer könnte uns Ägypten besser erklären, wenn nicht seine eigenen Intellektuellen. Alaa al-Aswani gehört zu ihnen, er ist einer der wichtigsten Autoren Ägyptens. Sein neuer Roman Der Automobilclub von Kairo (Aus dem Arabischen von Hartmut Fähndrich) scheut auf den ersten Blick allerdings die Gegenwart. Das ist angesichts seiner nicht vollkommen unstrittigen politischen Haltung vielleicht aber auch nicht das Schlechteste, wenngleich man al-Aswani zugute halten muss, dass es kaum noch unbelastete politische Stimmen in einem Land geben kann, in dem sich inzwischen jede politische Kraft eigener Vergehen schuldig gemacht hat. Sein Roman spielt in den 1940er Jahren, im extravaganten und dekadenten Automobilclub von Kairo. Unter dessen surrenden Ventilatoren finden sich allabendlich Paschas, Monarchen und Diplomaten ein, auch der König zählt zu den Stammgästen. Sie frönen hier dem Glücksspiel und suchen sich die schönsten Frauen für die nächtlichen Liebesdienste aus. Ein Heer von schlecht bezahlten und missbilligend behandelten Dienern, Kellnern und Köchen sieht zu, bis sie eines Tages den Aufstand proben. In seinem neuen Roman erzählt der mit dem Bruno-Kreisky-Preis für das politische Buch sowie dem Johann-Philipp-Palm-Preis für Presse und Meinungsfreiheit ausgezeichnete Ägypter von Herrschaft und Diktatur. Er lasse »einen Mikrokosmos lebendig werden, der für die Zerrissenheit eines ganzen Landes, seiner Heimat Ägypten, steht«, sein sprachgewaltiger Roman sei »verblüffend nah an unserer Gegenwart«, schreibt sein Verlag. Vielleicht findet sich im neuen Roman von Alaa al-Aswani also doch etwas Lehrreiches über das Ägypten dieser Tage.
Mit Die Elenden von Lódz hat der schwedische Autor Steve Sem-Sandberg einen gleichermaßen erschütternden wie bewegenden sowie mit zahlreichen Preisen ausgezeichneten Roman vorgelegt, der auf der Basis der zuvor erschienenen Chroniken die Geschichte des Gettos von Lódz erzählt. Nun folgt mit Die Erwählten (Aus dem Schwedischen von Gisela Kosubek) die fiktionalisierte Form der nationalsozialistischen Eugenik, die seine Hauptfigur Adrian Ziegler am eigenen Leib erfahren muss. Er kommt aus einem sozial und erbbiologisch »minderwertigen« Elternhaus und wird als Kind nach Steinhof gebracht, einem Lager für organische Forschungen und Menschenexperimente an Kindern. Seine Aufsässigkeit führt dazu, dass er alle Stationen dieser »Hölle des Nazi-Systems« durchlaufen muss. Er kommt als Anschauungsobjekt in den Vorlesungssaal und schließlich als menschliche Experimentiermasse auf die Krankenstation. Dort arbeitet Anna Katschenka, die aus blinder Loyalität und ideologischer Treue die Experimente an den Kindern unterstützt und sich so am Leiden und Tod zahlreicher Heranswachsender mitschuldig macht. Zuletzt hatte Götz Aly die nationalsozialistischen Euthanasiemorde innerhalb Deutschlands in Die Belasteten in bemerkenswerter Manier aufgearbeitet. Sandberg bedient sich dieses Themas und wirft mit seinem neuen Roman einmal mehr die Frage auf, ob man solche Stoffe fiktionalisieren darf. Die deutschsprachige Kritik war bei Die Elenden von Lódz nahezu einhellig der Meinung, wenn es auf diesem Niveau geschehe, dürfe man. Nun lobt kein geringerer als Håkan Nesser Sem-Sandbergs neuen Roman als »literarisches Meisterwerk«, man darf also scheinbar auch hier.
Jeffrey Jacob Abrams ist als literarischer Autor ein weißes Blatt, als Regisseur und Produzent hingegen einer der ganz Großen. Bei Serien wie Felicity, Lost, Super 8 und dem siebenten Teil der Star-Wars-Reihe hat er Regie geführt. In den letzten zwei Jahren hat er sich ganz nebenbei noch mit dem Autor Doug Dorst zusammengetan, um einen »hochraffiniert komponierten Roman« zu schreiben, »der zeigt, was ein Buch anrichten kann«, wie es in der Ankündigung des Verlags heißt. Mit einem Buchtrailer, der als solcher nicht erkennbar war, hatte Abrams bereits vor zwei Jahren für wilde Spekulationen um diesen Roman gesorgt. Zu sehen ist dort eine im Wasser knieende Person, die sich im Mondlicht die Fesseln von den Händen wickelt und gen Strand geht, während ein Erzähler aus dem Off spricht: »Denn was auf dem Wasser begonnen hat, soll dort enden. Und was dort endet, soll noch einmal beginnen. … Der Mensch verschwindet, der Mensch wird ausgelöscht, der Mensch wird wiedergeboren.« S. – Das Schiff des Theseus (Aus dem amerikanischen Englisch von Tobias Schnettler und Bert Schröder) erzählt von den zwei Studenten Jen und Eric, die von dem Buch eines unter dem Pseudonym V. M. Straka schreibenden Autors fasziniert sind und versuchen, ihm auf die Spur zu kommen. Zwischen den Zeilen seines Romans »Das Schiff des Theseus« und den eigenen Notizen versuchen sie Hinweise auszumachen, die Rückschlüsse auf die wahre Identität des mysteriösen Autors zulassen. Ihre Notizen werden ergänzt durch die des unbekannten Übersetzers, in denen sie einen geheimen Code erkennen. Ein Vexierspiel der Sprache und des Mediums beginnt, ähnlich wie man es von Mark Z. Danielewski, Reif Larsen oder Salvador Plascencia kennt. Dabei geraten Jen und Eric in Lebensgefahr, weil der Autor nicht gefunden werden will. Abrams und Dorst gehen aber noch weiter als die oben Genannten, denn während man den Roman liest, fallen im wahrsten Sinne des Wortes Puzzleteile aus dem Roman (hier im Video zu sehen); Notizzettel, Exposes, Zeitungsartikel, Post- und Landkarten oder ein Kompass, über deren Verwendung der lernende Leser selbst eine Entscheidung treffen muss. Joshua Rothman lobte den Roman im The New Yorker als »Das schönste Buch, das ich je gesehen habe.« Nun kommt es als Schmuckstück im Leinenschuber auf den deutschen Markt.
Hier finden Sie die gewichtigen Titel in den Kategorien Sachbuch und Übersetzung.
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[…] ← Literatur im Großformat Übersetzte Klassiker und gehobene Schätze → […]
[…] erscheinen geballt die Herbstprogramme (intellectures hat hier vorsortiert) – und eines der herausragenden Bücher ist überraschenderweise „Alles wird gut“ von Helmut […]
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[…] kaum dreißigjährigen Behindertenpflegerin Natalie Reinegger und werden auf fulminant verwirrenden eintausendundneunzehn Seiten lernen, die Welt so zu sehen, wie sie die junge Frau sieht. Eine Welt, in der es »aurig« und […]
[…] »Die Vögel« hat Tarjej Vesaas 1957 den »besten norwegischen Roman, der je geschrieben wurde« (Karl Ove Knausgård) verfasst. Dessen Neuübersetzung von Hinrich Schmidt-Henkel ist eine ergreifende Sensation und nur […]
[…] die studierte Germanistin einen Autor, der nicht nur mit Bertold Brecht, Isaak Babel, Georg Heym, Robert Musil und Thomas Bernhard in einer Reihe stehen wollte, sondern der diesem Anspruch in seinem Gesamtwerk […]
[…] Tod und Verderben«) schreibt, die Literatur der beiden großen norwegischen Kontrahenten Karl Ove Knausgård (»…er erschafft Zerrbilder von etwas, das man als das Gute erkennt«) und Tomas Espedal mit der […]