Literatur, Roman

Booker Prize geht an Shehan Karunatilaka

Der in Sri Lanka geborene Autor Shehan Karunatilaka ist für seinen Roman »The Seven Moons of Maali Almeida« mit dem renommierten britischen Booker Prize ausgezeichnet worden. Die Jury beschreibt den Roman als unprätentiösen »Afterlife Noir, mit Anspielungen auf Dante und Buddha«.

»The Seven Moons of Maali Almeida«, erschienen im Indie-Verlag Sort of Books, spielt inmitten des mörderischen Chaos des Bürgerkriegs in Sri Lanka. Im Colombo des Jahres 1990 wird der Kriegsfotograf Maali Almeida – ein leidenschaftlicher Zocker und homosexueller Atheist – ermordet. Er hat keine Ahnung, wer es auf ihn abgesehen hatte. In einer Art Zwischenwelt hat Almeida sieben Monde Zeit, um mit dem Mann und der Frau, die er am meisten liebt, Kontakt aufzunehmen und sie zu einem Versteck zu führen, wo seine Fotos liegen, die das Land erschüttern werden.

Die Booker-Prize-Jury, die das Buch nun mit dem renommierten Preis auszeichnete, beschrieb das Buch als »Krimi und Wettlauf gegen die Zeit, voller Geister, Gags und tiefer Menschlichkeit«. Es sprühe »vor Energie, Bildern und Ideen vor dem Hintergrund einer umfassenden, surrealen Vision der Bürgerkriege in Sri Lanka. Schlitzohrig, wütend und komisch.«

Der 1975 in der südlichen Hafenstadt Galle geborene Autor zählt zu den wichtigsten Gegenwartsautor:innen des Landes. Neben Karunatilaka waren NoViolet Bulawayo, Percival Everett, Alan Garner, Claire Geegan und Elizabeth Strout auf der Shortlist nominiert.

Shehan Karunatilaka, Gewinner des Booker Prize 2022 | Foto: Booker Prize Foundation.

Der Jury-Vorsitzende Neil MacGregor erklärte, dass die Jury besonders vom Ehrgeiz, der Weite und den ebenso komischen wie kühnen Erzähltechniken von »The Seven Moons of Maali Almeida« begeistert gewesen sei. »Es handelt sich um einen metaphysischen Thriller, einen Afterlife Noir, der die Grenzen nicht nur zwischen den verschiedenen Genres, sondern auch zwischen Leben und Tod, Körper und Geist, Ost und West auflöst. Es ist ein durchaus ernsthafter philosophischer Streifzug, der den Leser in das dunkle Herz der Welt führt – in die mörderischen Schrecken des Bürgerkriegs in Sri Lanka. Und dort entdecken die Leser:innen Zärtlichkeit und Schönheit, Liebe und Treue und das Streben nach einem Ideal, das jedes menschliche Leben rechtfertigt.«

Shehan Karunatilaka ist nach der Auszeichnung von Michael Ondaatje 1992 der zweite Autor mit Wurzeln in Sri Lanka. Bereits im vergangenen Jahr hatte es der in Colombo geborene tamilische Autor Anuk Arudpragasam mit seinem Roman »Nach Norden« auf die Shortlist des Booker Prize geschafft. Sein Roman über einen jungen Mann, der mit dem Zug in den vom Krieg zerstörten tamilischen Teil des Landes fährt, ist gerade im Hanser Verlag erschienen.

Shehan Karunatilaka: The Seven Moons of Maali Almeida. Sort of Books 2022. 432 Seiten. 16,99 £. Hier bestellen.

Er sagte in einem Interview vor der Preisverleihung, dass Humor und Sarkasmus der einzige Weg sei, mit dem die Menschen in Sri Lanka die Wirklichkeit ertragen könnten. Der bissige Humor seiner Satire spiegelte sich auch in seiner Dankesrede. Da scherzte der 1975 in Galle geborene Autor, er hätte das Preisgeld von 50.000 Pfund lieber in Krypto-Währung, da es um das britischen Pfund zwar besser als um den Sri Lanka Rupie bestellt sei, es doch aber unweigerlich bergab gehe. Er bezog sich in seiner Rede auf Autor:innen wie David Goodwin, Tanish Gupta, Faiza Khan und Mohammed Hanif, die ihm Pate gestanden hätten. Da es in seinem Roman um einen ermordeten Journalisten gehe, hätte er gern im Stil von Percival Everett – der mit seinem neuen Roman »The Trees« ebenfalls nominiert war – die Namen aller Journalisten, Aktivisten, Polizisten und Zivilisten vorgelesen, die im Verlauf seines Lebens vom Staat Sri Lanka oder seinen Opponenten umgebracht worden sind. »Aber wenn ich das gemacht hätte, würden wir die ganze Nacht hier sitzen.«

Seine Hoffnung für »The Seven Moons of Maali Almeida« sei, dass der Roman in einer nicht allzu weit entfernten Zukunft in Sri Lanka gelesen werden kann, weil man verstanden habe, »dass Korruption, Rassismus und Kolonialismus zu nichts geführt haben und auch nie zu etwas führen werden«.

Shehan Karunatilaka war 2014 mit seinem ersten veröffentlichten Roman »Chinaman. The Legend of Pradeep Mathew«, in dem es um Kricket und die sozialen Verwerfungen in Sri Lanka geht, beim Internationalen Literaturfestival Berlin zu Gast.

Der 1969 erstmals verliehene Booker Prize gilt als der wichtigste Preis für englischsprachige Literatur. Zu den Preisträger:innen gehören Autor:innen wie Iris Murdoch, Salman Rushdie, V.S. Naipaul oder die kürzlich verstorbene Hilary Mantel. Karunatilaka folgt dem Südafrikaner Damon Galgut, der im vergangenen Jahr den Booker Prize für seinen Roman »Das Versprechen« gewonnen hat.

3 Kommentare

  1. […] Leben mit und nach dem Tod steht in »Die sieben Monde des Maali Almeida« im Mittelpunkt. Der Roman wurde im vergangenen Jahr mit dem renommierten Booker Prize ausgezeichnet und machte den 1975 in Galle geborenen Autor über Nacht zu einem der bedeutendsten Autoren seines […]

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