Mit »Also« fängt die Suche an
Christian Kracht schickt sein Alter Ego in dem Roman »Eurotrash« auf die Reise mit seiner psychisch kranken Mutter, um die Abgründe der historischen Schuld seiner Familie und seiner Generation zu erkunden.
Christian Kracht schickt sein Alter Ego in dem Roman »Eurotrash« auf die Reise mit seiner psychisch kranken Mutter, um die Abgründe der historischen Schuld seiner Familie und seiner Generation zu erkunden.
Kitchike könnte ein ganz normaler Ort sein, ist es aber nicht. Denn die Wahrheit ist in dem Kaff ebenso wenig zu finden wie die Gerechtigkeit. Gerüchte, Erzählungen und Mythen halten die Menschen in dieser Stadt zusammen. Misswirtschaft, Neid und Streit treiben sie auseinander. Louis-Karl Picard-Siouis Roman »Stories aus Kitchike – Der große Absturz« erzählt eindrucksvoll davon.
Mit Ihrer Erzählung »Vom Aufstehen« gewann Helga Schubert im vergangenen Jahr achtzigjährig den Ingeborg-Bachmann-Preis. Nun legt sie unter gleichnamigem Titel 29 bewundernswerte Erzählungen vor, die »Ein Leben in Geschichten« vorbeiziehen lassen.
Die 97-jährige Österreicherin Friederike Mayröcker beobachtet in ihrem mutmaßlich letzten Buch »da ich morgens und moosgrün. Ans Fenster trete« radikal die eigene Wirklichkeit und Gedankenwelt. Alltagsbeobachtungen und Lebenserinnerungen einer der Avantgarde Verschriebenen geben sich hier in anarchischen Sprachspielen die Klinke in die Hand.
Armin Nassehi ist der homo ludens der Soziologie. Rasend intelligent, aufs Blut provokativ, rhetorisch ein Genuss. Berechenbar ist er nur in seiner Unberechenbarkeit. Mit »Muster« hat er nun das Buch geschrieben, dass uns nicht nur die digitalisierte Moderne, sondern auch die Wirkung der immer wechselnden Gadgets erklärt.
Marko Martin interessiert sich stets für die Menschen, für ihre Biographien, für das Menschliche, Allzumenschliche. Seine Reisen zu den Zeugen eines Zeitalters sind Reisen von Mensch zu Mensch, von Freund zu Freund, zu Vertrauten zu Vertrauten. Sein neues Buch »Dissidentisches Denken« ist im Kern eine Absage an die Kungelei mit den Mächtigen.
Saša Stanišić gewinnt im dritten Anlauf und mit seinem vierten Roman »Herkunft« den Deutschen Buchpreis. Seine Kunst ist die Fiktion, aber nichts ist erfunden. Er verbindet Zugetragenes und Gehörtes mit Erfahrenem und Empfundenem zu einem magisch-realistischen Mixtape, bei dem am Ende jeder selbst über den Ausgang entscheiden kann.
Der amerikanische Kultautor William T. Vollmann erkundet in seinen Reportagen das Schicksal armer Leute. Sein eigener Eindruck reicht ihm nicht, wie ein Wissenschaftler löchert er die Menschen, denen er begegnet. Nicht, um eigene Bilder zu bestätigen, sondern um sich überhaupt erst ein Bild zu machen. Wir profitieren davon.
Der Deutsche Buchpreis geht in dieser Woche in die nächste Runde. Unabhängig davon, wer es mit seinem aktuellen Werk auf die Shortlist schafft, steht eines schon von vorneherein fest: die Vielfalt der deutschen Gesellschaft bildet auch dieser Buchpreis nicht ab. Dabei gibt es einige ausgezeichnete Werke, denen es gelingt, mehr Vielfalt in die deutsche Literatur zu bringen und aus der eingefahrenen deutschen Perspektive zu führen. Ihren Autoren gehört die Zukunft.
Nominiert für den Preis der Leipziger Buchmesse 2017, verheißt schon der Titel von Brigitte Kronauers neustem Roman »Der Scheik von Aachen« sowohl eine interessante Lektüre als auch versierte Einbettung in die deutsche Literatur und Geschichte. Doch weder die durchaus überraschende Wahl des Handlungsortes Aachen – der Krönungsstadt deutscher Könige und Kaiser – noch der intertextuelle Verweis auf Wilhelm Hauffs Märchenalmanach »Der Scheik und Alessandria und seine Sklaven« oder das literarische Zusammenspiel von Handlung und Erzählweise können dieser Verheißung ausreichend gerecht werden. Schade, denn Kronauers Wortwitz und komische Bosheiten rücken dadurch in den Hintergrund.
Es geht ein Gespenst um in der Literaturwelt. Es ist das leseroptimierte Buch. eBook-Lesende sollten vorsichtig sein, denn sie werden längst intensiver analysiert, als sie ahnen. Die Zukunft des Buches war auch Thema bei der Verleihung des Preises der Leipziger Buchmesse und des Kurt Wolff Preises für besondere Leistungen unabhängiger Verlage. Ein Augen- und Ohrenzeugenbericht von der Leipziger Buchmesse.
Die literaturWERKstatt Berlin ist eine Institution für die Kunst der Poesie. Zum 25-jährigen Jubiläum im September erhält das Haus einen neuen Namen und organisiert die erste Berliner Rede zur Poesie. Gründungsdirektor Thomas Wohlfahrt erklärt die Motive des Namenswechsels, erläutert die Ausrichtung des künftigen Hauses für Poesie und spricht über den Sinn der Lyrik in unserer Zeit.
Saša Stanišić erfüllt mit seinen Erzählungen alle Hoffnungen seiner erwartungsschwangeren Leser und beweist sich »im Artikulieren von Gedanken, im Formulieren, im Meinen« selbst als der beste aller »Fallensteller«
Groß ist die Aufregung um den neuen Roman von Juli Zeh. Nicht nur, weil ihr »Unterleuten« vor einem großen Umbruch steht, sondern weil eine heitere Debatte um Realität, Fiktion und Metafiktion rund um den Roman entstanden ist. Im Interview spricht die Autorin über ihr »Unterleuten«, den Trend der Landflucht sowie den Zustand der Literaturkritik.
Lange Zeit als Fleißpreis verschrien, bietet der Preis der Leipziger Buchmesse in der Kategorie Übersetzung den Wortschauflern der Literatur die Anerkennung, die ihnen oft verwehrt bleibt. Die fünf nominierten Bücher sind erzählerische Meisterwerke, deren Genuss wir ihren Übersetzer_innen verdanken.